Waffen sind sportlich

Nicht, dass ich etwas anderes erwartet hätte, beileibe nicht. Die Debatte heute verlief völlig im Bereich meines Vorstellugnsvermögens. Das sportliche Element gehört natürlich dazu, des Justizministers saloppe Reaktionen ebenso. Ich zitiere ohne Zusammenhang Antworten auf linke Einwände aus dem amtlichen Bulletin:

Vaudroz René (RL, VD), pour la commission: Je pense que vous oubliez que le tir est un élément du sport. C’est une discipline olympique et il y a énormément de tireurs sportifs dans ce pays, et pas seulement des gens qui font leurs cours de répétition. Cette discipline donne de longue date des médailles à notre pays. Et une grande partie de la population s’identifie avec ce tir sportif.

Blocher Christoph, Bundesrat: Ich sage es: Gelegenheit macht Diebe. Aber Sie müssen doch nicht sagen: Waffen machen Selbstmörder. Stimmt leider nicht; das Sprichwort lautet auch nicht so.

Sogar mir Gutmensch ist klar, dass sich der Staat nur bedingt darum zu kümmern braucht, ob sich die Menschen erschiessen. Leider erschiessen sie in Staaten, in denen mehr Waffen besser zugänglich sind, auch einander signifikant häufiger. Doch selbst hier sieht das liberale Argusauge unerwünschte Einmischung, und deshalb sehe ich der weiteren Debatte pessimistisch entgegen. Ändern wird den Verlauf nicht einmal das ausnahmsweise nicht so liberale Zug, denn das setzt sich bloss dem beliebtesten aller schweizer Vorwürfe aus: Überreaktion.
Überreaktion auf drei tote Mitglieder des Regierungsrats, 11 tote Mitglieder des Parlaments, 18 teils schwer Verletzte (gelähmt, Hirnschäden), 30 Halbweisen, Unzählige mit Angstsymptomen und einen toten Amokläufer, ebenfalls mit Hinterbliebenen.
(Erklärung fürs Ausland: Die Linke wirft der Rechten „Überreaktion“ bei der Verschärfung des Asylgesetzes vor, die Rechte der Linken beim Ergreifen des Referendums dagegen – das ist hier ein Schimpfwort. Ausser auf Unpünktlichkeit, Schmutz und Nicht-Einhaltung des Bankgeheimnisses sowie der Privatsphäre von Politikern werden keine heftigen Reaktionen akzeptiert. Insofern ist „Asterix bei den Helvetiern“ kein Comic, sondern die Realität.)
Aus Chronistinnen-Pflicht und wider die Resigantion trotzdem noch die Einschätzung von Hanspeter Uster, der vor fünf Jahren von Leibacher angeschossen worden und doch sehr sachlich geblieben ist.


[aus: Der Bund von heute, S. 2.]

Bei der Fichen-Affäre waren Sie heftiger Kritiker eines Polizeistaats. Jetzt rufen Sie nach schärferer Kontrolle im Umgang mit Waffen.

Beim Fichenstaat ging es um Observierung ohne Transparenz. Beim Waffenregister geht es um eine ganz normale Anmeldung und Registrierung, wie das beim Auto gemacht werden muss.

Hätte Friedrich Leibacher mit einem verschärften Waffengesetz gestoppt werden können?

Das wäre vermessen zu sagen. Aber es hätte die Chancen der Polizei erhöht, dem Fall nachzugehen.

Leibacher trug vier Waffen bei sich, alle legal erworben . . .

. . . Ja, mit oder ohne Waffenerwerbsschein. Wäre der Handel unter Privaten untersagt gewesen, wie es mit dem Schengen-Recht in Kraft tritt, hätte er beim Waffenerwerb zur Polizei gehen müssen.

Was hätte ein zentrales Waffenregister bewirkt?

Für die Polizei wäre der Erwerb der Waffen per Knopfdruck ersichtlich geworden, obwohl Leibacher sie in drei Kantonen gekauft hat. Eine Rückfrage im Kanton Zug hätte allenfalls gezeigt, dass er eine Auseinandersetzung mit Waffendrohung in einer Beiz hatte.

Nach dem Attentat wurden Querulanten-Listen eingeführt.

In Zug wurde direkt nach dem Attentat in hängigen Zivil- und Strafrechtsfällen eine Risikoabschätzung gemacht, ob es Nachahmungstäter darunter haben könnte. Aber eine Querulantenliste gab es in Zug nicht. Da bin ich dagegen. Genauso wie gegen die vom EJPD vorgeschlagene Verschärfung der Staatsschutzgesetzgebung, wonach schon vor Strafverfahren E-Mails gelesen und Telefone abgehört werden können. Heute schon reichen Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang etwa mit Terrorismus für Haft. Jetzt wird versucht, im Vorfeld des Vorfeldes aktiv zu werden. So sind wir dann bald alle drin wie bei den Fichen.

In Zug gibt es nach wie vor Drohungen gegen Behörden.

Es gibt sie, aber dank unserem Konfliktvermittler werden die Weichen zur Entspannung früher gestellt. Bei den bekannten Fällen handelt es sich in der Mehrheit um solche aus früheren Jahren.

Sie wurden beim Amoklauf von Leibachers Schüssen schwer verletzt. Wie geht es Ihnen heute?

Mir geht es heute gut. Aber gerade in diesen Herbsttagen, mit dem milden Licht, der anderen Luft, ist alles wieder präsent (schaut hinaus und schweigt). Es herrscht genau diese Stimmung wie damals.

3 Gedanken zu „Waffen sind sportlich“

  1. Oh, sehr schön. Die arme Hausfrau&Mutter, die traurig ins Gutmenschengesicht der kleinen Lina blickt. Man kann sie sich gerade vorstellen. Ich finde es gut, dass das Thema langsam Präsenz bekommt, damit wir endlich unsere Mitte finden.
    Immer nur gut ist auch nicht gut, aber Häme über gut ist der Anfang vom Ende.

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