Die Farbe des Donnerstags

Die Wochentage treten in meinem Hirn unter ihren Abkürzungen Mo, Di, Mi, Do, Fr, Sa, So auf. Ihre Schrift ist schwarz und wahrscheinlich eine Helvetica, jedenfalls serifenlos. Ich glaube in Kindertagen waren sie noch mit Füller und von Hand geschrieben. Eine Farbe jedoch hatten sie schon immer.
Der Donnerstag zum Beispiel war die letzten zehn Jahre lang braun. Einmal mehr Taupe, einmal mehr Zimt, aber immer ein Braunton. Ausnahmen gab es nur, wenn die Bezeichnung des Tages unwichtig war, wie zum Beispiel in den Ferien.
In den letzten beiden Wochen ist nun die gewohnte Donnerstagsfarbe verschwunden. Mo (grelles Gelb) und Di (in einem Rotton), Mi (Zwetschgen-Blau) und Fr (Grünton) sind unverändert. Dass Samstag und Sonntag ab und zu die Farbe wechseln ist normal.
Ich hätte das Changeant eigentlich früher erwartet, zum Beispiel damals, als ich mich aus dem aktiven Buchhandel zurückzog. Dort war das nämlich ein atemloser Tag, die Teilzeitler vom Wochenanfang waren nicht mehr, die vom Wochenende noch nicht voll da, und mindestens ein Lernender war in der Schule. Aber alle Lieferungen und Botengänge mussten gemacht werden, weil wir bis dann die Ware der Woche beisammen und fakturiert hatten. Für die Geschäftskunden und Bibliotheken war’s der letzte Arbeitstag, an dem sie noch richtig viel verlangten. Egal wann ich anfing oder aufhörte, der Donnerstag war immer zu kurz.
Die letzten paar Jahre habe ich donnerstags fünf Stunden unterrichtet und eins davon abends Weiterbildung gemacht, was beides nichts an der Farbe änderte.
Seit dem neuen Schuljahr, seit ich an diesem Tag weder unterrichte noch bediene, ist der Donnerstag ein anderer geworden: hellblau mit blendend weissen Flecken, wie ein Sommerhimmel.
(Beim Gute-Nacht-Sagen ermittelt: Beim Kind sind die Tage auf einer – nicht gerade hängenden! – Holzleiste aufgenagelt und die Termine schweben unten dran in der Luft. Viel wichtiger denn die Tage sind Monate und Jahreszeiten, welche sich das Kind im Kreis angeordnet vostellt. Die Abstände sind ungleich, Weihnachten und Sommerferien liegen einander direkt gegenüber. Zeugnisse, Feste, Bravo-Erscheinungstermine und Ausscheidungsspiele kommen in diesen Kreis, Farben sind nicht relevant. Mit der realen Handy-Agenda des Kindes hat seine Vorstellung aber genau so wenig zu tun wie meine Farben mit meinem Outlook.)
Hirne sind halt eigenmächtig.

5 Gedanken zu „Die Farbe des Donnerstags“

  1. Scheint was dran zu sein am braunen Donnerstag. Sowohl bei mir wie beim Kind (das übrigens heute einen Franztest mit „au millieu du lac, il y a une île“ hatte *grins*) ist der Donnerstag braun. Der Freitag ist übrigens hellblau-grau, so wie der Januar. Ach ja und das Donnerstagbraun gehört irgendwie zum November (???)

  2. Endlich mal jemand der die Wochentage auch in Farbe sieht. Ich dachte schon ich sei die Einzige.
    Bei mir ist mo – senfgelb, di – königsblau, mi – mintgrün, do – rot, fr – dunkelgrün, und das wochenende wechselt. Und das schon seit meiner Kindheit.

  3. Ja, Christian Spannnagel, das könnte sein. Jetzt müssten wir herausfinden, ob der Montag auch wirklich gelb war, hier haben wir bis jetzt die grösste Übereinstimmung (gelb). Allerdings hatte ich nur ein paar wenige Jahre meiner Kindheit einen Fernseher, geschweige denn ein Prgramm dazu.

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