Es war einmal

der Hebst eine geliebte Jahreszeit. Seit Zweitausendundeins ist das nicht mehr so. Nineeleven war für mich ein Schock, seit Tschernobyl hat mich kein Ereignis mehr politisiert. Nur wenig später lief ein Politikerhasser im Zuger Parlament Amok. Es war eine grässliche Zeit, in der ich meinen Wertekanon täglich auf dem Prüfstand sah.
Und es war noch vor den Weblogs und dem persönlichen Austausch über Tagesereignisse. Ich verfasste dann halt einen Leserbrief, worauf die „Berner Zeitung“ mir vorschlug, einen etwas längeren Beitrag für „Ihre Seite“ daraus zu machen.
Es ist schon merkwürdig zu lesen, was man einst geschrieben hat.

4 Gedanken zu „Es war einmal“

  1. Liebe Tanja. Obwohl ich deinen Bericht im Leserforum bereits kannte, las ich ihn, als hättest du ihn gestern verfasst. Ob ein Mädchen im Hindukusch heute ein zivilisierteres Leben und tatsächlich eine Schulbildung hat?

  2. Liebe Tanja,
    Deine pdf-Datei will leider nicht…
    Ich begnügte mich damals mit folgenden Tagebuch-Einträgen:
    DER KRIEGER DES 21. JAHRHUNDERTS IST EIN FREELANCER. WENN DIE WAHRHEIT JE ANS LICHT KOMMT, WERDEN WIR ALS TÄTER VERMUTLICH VIER JUNGE MÄNNER UM DIE ZWANZIG FINDEN. UND WIR DISKUTIEREN HIER ÜBER EINEN RAKETENSCHUTZSCHILD. WAS FÜR EINE IRONIE.
    Foaud Ajami
    DER IMPERIALISMUS PRODUZIERT SEINE WIEDERGÄNGER.
    WOZ (Autor unbekannt)
    Als ehemaligen Zuger Linken war ich vom Massaker hell entsetzt, musste genau an diesem Abend an einen Elternabend und vernahm dann erst nachher, dass zum Glück meine alten Genossen Chunschpi Uster (schwer verletzt) und Jo Lang überlebt haben. Chnuschpi, der gestern seinen Rücktritt bekannt gab, hat darüber grosse Haltung bewahrt.

  3. Lieber Ernesto, Tut mir Leid, dass das PDF sich nicht öffnen lässt bei dir. Es war eine grässliche Zeit, ich habe eine Genossin verloren. Und es ist auch heute noch präsent, weil alle Parlamentsgebäude so stark gesichert werden müssen.
    Liebe Tisha, Ich weiss überhaupt nicht, ob sich der Einsatz gegen die Taliban „gelohnt“ hat oder ob er erfolglos war. Im Gegensatz zu vielen anderen, die hier absolut Bescheid wissen, weiss ich es auch nach vier Jahren noch immer nicht. RAWA meldet, dass sich die Bildungssituation für Mädchen in Kabul verbessert hat.

  4. Ich habe noch etwas gegraben in dieser Zeit und bin auf Mailkorrespondenz mit dem damaligen Webmaster meiner Partei gestossen. Ich hatte mich beschwert, dass es zu lange gedauert hatte, bis etwas auf der Webiste zum Thema zu lesen war (aber es war 2001).
    Weil ich im Zusammenhang mit diesem Eintrag hier auch private Mails zum Zuger Amoklauf – der neben mir offenbar viele politisch Engagierten auch heute noch beschäftigt – bekommen habe, möchte ich das aus historischen Gründen und auch mir selber zugänglich machen, aber lieber etwas versteckt im Kommentar. Also:
    ****

    Webmaster: Unser erster Gedanke war auch nicht, was wir jetzt aufs Internet aufschalten zu diesem Drama.

    Ich: Das verstehe ich einerseits. Andererseits bin ich sicher, dass viele Leute auf die Stellungnahme warten und zwar auf dem Internet. Allein aus meinem Bekanntenkreis habe ich binnen 2 Stunden 4 Mails von Mitgliedern aus anderen Sektionen und Sympis bekommen, die ich gerne auf die Website verwiesen hätte. Es ist keine Statistik, aber aus meiner Erfahrung kann ich schon sagen, dass das Internet bald an der Spitze der nach Katastrophen konsultierten Medien sein wird.

    Webmaster: Unsere Site hat auch nicht den Anspruch, mehr als tagesaktuell zu sein.

    Ich: Das finde ich legitim. Allerdings ist der Fall m.E. etwas anders, wenn die Partei selber betroffen und geschädigt ist. Wir haben in der Sektion auch diskutiert, ob es angemessen ist, ein Bild von X zu zeigen, da es ja so viele Opfer gegeben hat und die Parteizugehörigkeit völlig unerheblich ist. Aber wir sind übereingekommen, dass alle das Recht haben von ihrem Kreis, in dem sie sich besonders engagiert haben, betrauert zu werden, ohne dass das mangelde Anteilnahme für die anderen Opfer bedeutet.

    Webmaster: Via Mail haben wir dann nach rund 9 Stunden reagiert.

    Ich: Das Communiqué ist sehr gut, aber es haben es vielleicht nicht die gleichen Leute abonniert, die nach einer Stellungnahme gesucht haben.

    Webmaster: Wir gehen auch nicht davon aus, dass die Internet-NutzerInnen zuerst einmal gerade zu unserer Site gehen, wenn sie mehr zum Drama in Zug erfahren wollen.

    Ich: Darüber braucht man ja zum Glück nicht zu spekulieren, da es die Statistik gibt. Mich würde es erstaunen, wenn die Website am 27.9. nicht wesentlich mehr Hits gehabt hätte. Aber vielleicht täusche ich mich. Ich denke, manche Leute schauen wohl auch einfach, ob sie sich irgendwo austauschen und kondolieren können, die wollen gar nicht nur News.
    Ich habe nach der Attacke WTC durch das Beobachten der Websiten, Chats und Foren sehr viel über die Gratwanderung zwischen Trauer und Marketing gelernt (BTW: Zug wäre ein Kanton, der sich ohne Weiteres und binnen Stunden eine Website mit betreutem Forum, einen Fonds für die Hinterbliebenen und wohl noch mehr zum 27. September leisten könnte). Und ich glaube, die Amis haben das nicht schlecht gemacht. Man könnte unendlich viel diskutieren darüber und es wäre interessant und lehrreich.
    Für mich persönlich ist erwiesen, dass das Internet als Medium für News und Austausch im September 2001 noch einmal an Wichtigkeit gewonnen hat und binnen kürzester Zeit von verschiedensten Menschen mit unterschiedlichen Zielen konsultiert wird. Manche suchen Infos, manche Prognosen, manche die Liste der Opfer und manche Trost.
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