Bildungsurlaub: Schlussbericht

Heute vor zwei Jahren wurde mein Bildungsurlaub genehmigt. Gestern habe ich meinen Schlussbericht dazu eingereicht. Er ist nicht besonders lang, ich habe ja das meiste in der Kategorie Séjour gebloggt. Es ging nun noch darum, die Zusammenhänge herzustellen und die Vorgaben des Kantons an die Berichterstattung zu erfüllen.
Ich bin zufrieden, ich habe alles gelernt, was ich lernen wollte oder musste: Die Diplome B1 und B2 Tout public habe ich gemacht, das innere und äussere Exil erlebt und zudem einige Lektionen in Demut erteilt bekommen, darunter die Prüfung zusammen mit eigenen Schülerinnen und Schülern bei den eigenen Lehrpersonen an der eigenen Schule.
Den Beteiligten habe ich den Schlussbericht zugestellt. Wenn ihn jemand hier Lesendes noch haben möchte, einfach melden.
Genehmigung Bildungsurlaub 30. April 2013

Bonne année !

Die reichste Erkenntnis meines Bildungsurlaubes erlangte ich wie so oft durch Bücher. Wenn ich heute schaue, was ich in den letzten paar Monaten in Französisch gelesen habe, bin ich schon ein wenig stolz. An „La Vérité sur l’Affaire Harry Quebert“ lese ich noch, wie gewöhnlich mit mehr Freude als Zeit und auf Kosten von Schlaf. Mögen sich Mängel auch im neuen Jahr so gelassen aufheben wie das die französische Literatur im alten vermochte.

Bonne année à tous

Il me reste à vous souhaiter une excellente année 2015 !

Wochenbilanz X

Vergangene Woche ist mein Bildungsurlaub zu Ende gegangen. Ich habe mit der Arbeit begonnen und viele meiner Kolleginnen und Kollegen begrüsst. Vielleicht lag es an den Weihnachtsbäumen, am lieblichen Dezemberlüftchen und den saisonbedingten Düften: Aber ich habe mich auf meinen Arbeitsplatz und die Menschen im Schulhaus gefreut und bin beschwingt und ohne weinendes Auge zurückgekehrt. Zudem habe ich mich sehr willkommen geheissen gefühlt. Sogar Lehrpersonen, die nicht in meinen Abteilungen arbeiten, hatten mir geschrieben, dass sie die „offene Tür“ meines Büros vermissten. Selbstverständlich muss man sich die Rückkehr auch versüssen: Dem Sekretariat habe ich Spezialitäten aus der Romandie mitgebracht, den anderen Büros wie alle Jahre Weihnachtsgüezi von den Gantrischfrauen.
Bei diesen Begegnungen ist mir schlagartig bewusst geworden, wie gut es ist, dass ich die Ziele des Sprachaufenthaltes erreicht habe. Hundert Mal zuzugeben, die Prüfung nicht bestanden oder den Aufenthalt vorzeitig abgebrochen zu haben – mon dieu! Das wäre schlimm gewesen. Vor den Französischlehrpersonen traue ich mich zwar immer noch nicht zu sprechen, mais tant pis! Das bleibt vielleicht so. Doch fürchte ich grundsätzlich, die Sprache rasch zu vergessen und habe mir überlegt, meine Freiwilligenarbeit irgendwie mit Französisch zu verbinden, beispielsweise einen Besuchsdienst bei jemand Französischsprachigem zu übernehmen. Aber das ist schwierig bei meiner unregelmässigen Arbeitszeit. Zudem möchte ich im Wahljahr auch noch etwas Zeit in meine Favoritin und deren Ideen investieren. Ich mache deshalb vorerst einfach einen wöchentlichen „Cours de conversation“ und parliere mit zwei anderen Damen so ungezwungen wie’s geht über „les thèmes actuels et pratiques de culture, d’économie et de sociétés de mon pays et de la France“. On verra.

Wochenbilanz IX: Schulbücher, Leseprognosen

Daneben habe ich mich letzte Woche noch mit Schulbüchern, Schulbuchverlagen und Inhaltsvermittlern befasst. In diesem Zusammenhang habe ich u.a. Deutschlehrmittel der Romands auf Niveau B1 genauer studiert.
Als ich selber am Französischlernen war, habe ich mich gefragt, weshalb wir ständig Übungen in der „langue soutenue“ und „langue argot“ machen mussten. Jetzt, als ich das Deutschlehrmittel der westschweizer Azubis anschaute, wurde mir klar, dass es besonders schwierig ist, die Wörter, die man kennt, situationsgerecht einzusetzen. Sprachlehrpersonen kennen das Problem, ich etwas weniger. Mir bereitet das auf meinem bescheidenen Niveau keine Mühe, wer eine Wohnung mieten will, muss eher sprechen wie Dumbledore als wie Hagrid. Aber es ist eben gar nicht so einfach. Z.B. brauchen Französischsprachige in Deutsch gerne das Wort „sorry“, vielleicht gerade weil sie es in Französisch nicht verwenden. Aber was in einem Dialog unter Freunden völlig korrekt ist, kann andernorts und vor allem in schriftlicher Korrespondenz ein Fettnapf sein. Und das muss man (mühsam) lernen.
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Wochenbilanz IX: Deutsch in der Romandie

Wie bereits bildhaft gestreift, war ich letzte Woche zu Besuch an der BFB, einer zweisprachige Berufsfachschule in Biel. Neben dem Austausch mit Lehrpersonen und der Besichtigung des Schulgebäudes, interessierte mich der Deutschunterricht. Wie die hier mitlesenden Schweizer wissen, ist das Erlernen der anderen Landessprache(n) ein bildungs- und staatspolitischer Konflikt. Im realen Leben kann man den Menschen dazu nicht allzuviel befehlen, weshalb Englisch für alle Landesteile die wichtigste Fremdsprache bleibt oder gar laufend wichtiger wird. Ausser natürlich in staatlichen oder politischen Gremien, wo ausser mit ausländischen Besuchern nie Englisch gesprochen wird. Das ginge auch gar nicht, dieser restringierte Code der föderalistischen Schweiz existiert nur in den Landessprachen.
Ich habe den Einblick in den Deutschunterricht in der Romandie mit Spannung erwartet, ich hatte keine Ahnung, wie das läuft. Den Französischunterricht für Deutschsprachige kenne ich hingegen bestens, in meinen Abteilungen sind vier Französischlehrerinnen beschäftigt, die ich regelmässig in den Klassen besuche. Ich habe im Deutschunterricht für die Romands folgende Erkenntnis gewonnen:

  • Ein Aufenthalt in der der deutschsprachigen Schweiz ist bei jungen Romands seltener als bei ein Aufenthalt von Deutschschweizern in der Romandie. Wir haben pro Klassen immer mindestens jemanden, der ein „Welschlandjahr“ gemacht hat, an der BFB kommt das praktisch nicht vor. Das ist für den Unterricht relevant, weil die, die schon im anderen Landesteil gelebt und geredet haben, Wichtiges zum Unterricht beitragen und die Lehrperson automatisch unterstützen, weil sie der lebendige Beweis für die Relevanz des Faches sind.
  • Bilingue Schüler gab es in den Klassen – etwa gleich viele wie bei uns. Auch diese können wichtige Vermittler einer Sprache sein. Allerdings hatten sie Mühe mit dem „Schul-Deutsch“, denn sie lernen diese Sprache ja im Alltag, häufig auch nur einen Dialekt. Aber das gibt es bei uns umgekehrt auch. Bei uns gab’s auch schon Lernende mit dem schönsten Französisch, die dann „JE“ als „Jö“ geschrieben haben.
  • Eine Sprache auf einem bestimmten Niveau zu sprechen ist eines, ich hab’s ich in der Integrationsarbeit recht gut gelernt. Aber eine Sprache auf einem bestimmten Niveau zu schreiben, fand ich sehr schwierig. Lehrerinnen haben natürlich Musterlösungen vom Schulbuchverlag und müssen selten selber dichten. Ich habe trotzdem versucht, eine Aufgabe der Fachleute Kundendialog im 3. Lehrjahr zu lösen. Es Es handelte sich um eine Notenarbeit auf Niveau B1 mit einem Zeitbudget von 25 Minuten.
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    le temps qu’il faut chercher

    Weil es im französischsprachigen Raum eine häufige Schullektüre ist, habe ich „La vie devant soi“ ohne grosse Erwartungen gekauft. Und da ich ein interpretierbares, gefälliges Werk erwartete, hat mich seine literarische Wucht völlig überrascht. Ich las viele Seiten mehrmals und alles noch langsamer als wegen der Fremdsprache nötig. Zum einen, weil ich nicht wollte, dass es zu Ende geht, weder mit dem Buch noch mit der alten, jüdischen Hure, zum anderen, weil ich es mir das Gelesene auf ewig einprägen wollte. Das ist die Literatur, an die ich mich erinnerte, wäre ich eingesperrt.
    Je suis resté un bon Moment avec lui (Monsieur Hamil) en laissant passer le temps, celui qui va lentement et qui n’est pas français. Monsieur Hamil m’avait souvent dit que le temps vient lentement du désert avec ses caravanes de chameaux et qu’il n’était pas pressé car il tranxportait l’éternité. Mais c’est toujours plus joli quand on le raconte que lorsqu’on le regarde sur le visage d’une vieille personne qui se fait voler chaque jour un peu plus et si vous voulez mon avis, le temps, c’est du côté des voleurs qu’il faut le chercher.

    page 158
    Romain Gary
    La vie devant soi
    Collection Folio n° 1362

    Wochenbilanz (VIII)

    Letzte Woche war – jedenfalls in Bezug auf meinen Bildungsurlaub – sehr gut. Hier das Wichtigste:
    Sitzung der B&Q-Kommission, es stand eine dringliche Entscheidung an. Aber da es sich hierbei um eine Änderung der Verordnung handelte, ging eine Anhörung aller Kantonen voraus, was wiederum bedeutete, dass diese mehrheitlich dazu Stellung genommen haben. Das sind die Momente meines Arbeitslebens, die mich emotional erschöpfen. Aber als Systemgläubige („Die Schweiz ist so föderalistisch wie sie ist, erfolgreich“) fasste ich mich schnell wieder. Das Französisch habe ich an dieser Stelle wenig gebraucht. Der Sitzungort war Zürich, die Sitzungssprache demnach hauptsächlich Deutsch (also Schriftdeutsch, nicht etwa Dialekt). Aber ich habe die Änderungen und Leitfäden alle in der französischen Übersetzung gelesen, was auch schon gut tat.
    Contact day Romandie: Das Programm und Ambiente war einfach perfekt. So viele Inputs, aber auch so romand! Das Hauptthema war die Verhaltensänderung der Kunden und die Reaktionsmöglichkeiten der Unternehmen. Das CallCenter/ContactCenter ist ja immer der Erstkontakt und miest der letzte Kontakt, wenn ein Kunde abspringt. Diese Mitarbeitenden sind also die ersten, die Veränderungen bemerken.
    Thema war z.B. „Placez le client au coeur de votre stratégie digitale grâce à la conception centrée utilisateur“. Wenn ein Unternehmen seine Strategie und seine Systemlandschaft dem Kunden anpassen will, muss es laufend die Rückmeldungen des ContactCenters auswerten, denn das sind nicht nur die Frontarbeiter, sondern auch die, die wirklich die persönlichen Probleme und tief liegenden Bedürfnisse der Kundschaft kennen.
    Prüfungsergebnisse: Ich habe DELF Tout Public B2 mit einem guten Resultat bestanden und damit das Ziel meines Bildungsurlaubes erreicht. Darüber bin ich sehr froh. Den Dank verdienen meine Schule in Lausanne und meine Kolleginnen und Kollgen. Das nachfolgende Erinnerungsfoto zeigt alle Klassen bei einem gemeinsam zusammengetragenen Buffet.

    Le Lac Léman cet après-midi

    Wochenbilanz (VII)

    Ich bin wieder daheim und schon fast eingelebt. Auch die Familie scheint sich an meine Anwesenheit gewöhnt zu haben. Dies war meinen „Aufräumwoche“. Das heisst, ich habe meinen Koffer ausgepackt, meine Lernunterlagen sortiert, viel gewaschen, viele Mails und Rückrufe erledigt. Manches betraf die Arbeit, anderes war privat. Es ist einiges liegen geblieben die letzten sechs Wochen.
    Ich habe meine Zeugnis von der Schule erhalten und hier mein Ziel – in allen Kompetenzen in Französisch B2 – erreicht. In Verständnis (Compréhension de l’oral et de l’écrit) attestieren mir die Lehrerinnen sogar ein etwas höheres Niveau, aber das ist auch das, was ich im Beruf gebraucht und deshalb am meisten geübt habe. Sehr schön finde ich die Zusammenfassung meiner Möglichkeiten in Französisch am Ende des Zeugnisses:

    Elle a une bonne connaissance du système de la langue mais avec des lacunes en connaissances lexicales. Elle fait preuve d’un bon contrôle grammatical; des erreurs peuvent survenir occasionnellement mais elles sont souvent auto-corrigées.

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    Wochenbilanz (VI)

    Das war meine letzte Schulwoche in Französisch. Am Donnerstag habe ich meine letzten Arbeiten in der Schule geschrieben und abgegeben. Die schriftliche Produktion war wie fast immer ohne Dictionnaire und ich freue mich, dass mir das keine Probleme mehr bereitet.
    Gestern Nachmittag hatte ich DELF-Prüfung, von 13.20 bis 17.30 Uhr mit nur 15 Minuten Pause. Ich bin immer noch etwas müde, aber in anderen Ländern ist das ja üblich bei Prüfungen. Die Kolumbianer in meiner Sprachschule z.B. erzählten, dass ihr Abitur jeweils von 06.00 bis 18.00 Uhr dauert, eine Stunde fürs Mittagessen inklusive. Von den Chinesen gar nicht zu reden, die bringen ja gleich die Schlafmatten mit.
    Nun beginnt die Zeit, in der ich Berufsfachlehrer, Berufsfachschulen und überbetriebliche Kurse in der Romandie besuche, mein Bildungsurlaub dauert ja theoretisch bis Ende Jahr. Praktisch ist es aber so, dass ich als Abteilungsleiterin von Leuten vertreten werde, die ohnedies genug zu tun haben. Deshalb werde ich früher mit der Arbeit beginnen, ab Ende November werde ich auseinanderfädeln, was wie wichtig ist.
    Ich habe inzwischen gemerkt, dass ich nicht alles gleichzeitig machen kann, wenn ich mich in einem anderen Sprachraum zurechtfinden muss. Deshalb verspreche ich lieber keine regelmässigen Berichte hier.