Pegasus 101: Lyrik und Buchmesse

Die beiden ersten Schulzeitungen im Schuljahr erscheinen ziemlich nahe aufeinander, der Pegasus 101 ist schon fertig. Schwerpunkt ist die Lyrik von den Absatzzahlen über die Definition und selbst gemachte Gedichte bis zur Webtipps für die Gedichtsuche. Gefällt mir selber sehr, hab‘ ja eine Schwäche dafür. Im zweiten Teil gibt es den Rückblick auf die Buchmesse. Mein Bild der Buchmesse 2010 ist „Vorfreude“ aus der Azubi-Reportage (ab Seite 22).

Pegasus 101 S. 22 - Vorfreude auf die Buchmesse 2010

Tischgespräch [41]

Vater:
Die Göschener lassen wirklich kein Klischee aus. Sie jammern, sie würden vergessen. Sie sagen, ihre Arbeitsplätze fielen weg und unterschlagen natürlich, dass neue entstehen im Lichtjahre entfernten Altdorf. Ungesagt lassen sie auch, dass sie sechs Jahre Zeit haben für die Umstellung. Und sie sind sentimental genug, sich den europäischen Transitverkehr auf Rädern vor ihre Haustür zurückzuwünschen.
Kind:
Von wegen Göschenen: Wie sagt man jetzt, wenn man nicht mehr „Göschenen-Airolo“ sagen kann?
Mutter:
Gute Frage, gehört schliesslich zu meinem erziehenden Wortschatz.
Vater:
Erstfeld – Biasca?
Mutter:
Wie? Geht nicht gerade leicht von der Zunge.
Vater:
Frutigen – Raron? Die Lötschbergverbindung klingt vielleicht besser. Oder der alte Tunnel: Kandersteg – Goppenstein? Und als nächstes dann ein Bundesamt nach Göschenen verlegen.
Für Erklärungen für Nicht-Schweizer/-Integrierte hier „Tischgespräch [41]“ weiterlesen

Im Empfangsbereich notiert

Soweit ich mich erinnern kann, habe ich nie freiwillig Frisch gelesen. Nur in der Schule oder höchstens, weil ihn mir jemand dringend empfohlen hatte. Seit der Veröffentlichung seiner Entwürfe zum dritten Tagebuch lese ich ihn aus eigenem Antrieb, gerade jetzt im Empfangsbereich der Palliativtherapie. Ab und zu werde ich abgelekt vom Einatmen der anderen, die auch warten unter Bibelzitaten und wie ich nicht wissen, was sie erwartet, falls sie vorgelassen werden. Ich versuchen besonders respektvoll zu lesen, ich fühle mich hier erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet. Der Autor selber hat mir das in seinem Tagebuch empfohlen. Frisch notierte darin unter anderem, sein vorletztes hätte es verdient, sein letztes Buch zu sein. Auch Peter Noll kommt ständig vor, er starb im Oktober 1982, diktierte aber bis zum Ende (muss dieses Buch heute nachkaufen, finde es nicht mehr), Frisch hielt seine Totenrede. Lesen ist das Beste in dieser Zeit, in der die Sonne immer seltener durch die Wolken bricht und das Mittagsmenü im Tea-Room nebenan schon um 12:15 seine Gültigkeit verloren hat: „Die Nummer eins wäre jetzt Schweins-, nicht Kalbsbraten. Und die Nummer zwei wäre Felchen“ sagte die Kellnerin müde und ohne jemanden bestimmtes anzuschauen.

Dreimal Ché

Che Guevara war Argentinier und sein Konterfei hat sich ja bekanntlich weitherum etabliert. (Ich frage mich allerdings schon Jahre, ob aus berechtigen oder ästhetischen Gründen – habe viele Varianten von Ches Tagebüchern verkauft, aber keine ohne ihn vorne drauf.) Jedenfalls ist uns der gute alte Che sowohl in der Ausstellung auf der Buchmesse als auch als Dekoration im Haus der Jugend, wo wir wohnten, begegnet.
Che, argentinischer Ehrengast Che, Stammgast im Haus der Jugend
In Argentinien ist „Ché“ zudem ein Ausruf, um jemandes Aufmerksamkeit zu erregen (steht bei Wikipedia, aber ich hab mich auch bei unserer argentinischen Schulhaus-Reinigungsfrau abgesichert). Offenbar ist Ernesto Guevara ausserhalb seiner Heimat zu seinem Übernamen gekommen und war damit überall als Argentinier zu orten, wenn auch der Akzent der Internationalität geopfert werden musste.
„Dreimal Ché“ weiterlesen

Zwischen(Messe)stand

Wir sind gut aus Frankfurt zurückgekehrt. Nur hatte der ICE auf der Rückreise unsere 82 Platzreservationen zweimal verkauft. Die anderen 82 kamen vorwiegend aus Berlin und sassen schon. Das ging zurest nicht so gut, weil die Azubis an der Buchmesse ihr Gepäck vervielfachen – aber die Aufregung legte sich schon in Mannheim weitgehend und in Karlsruhe haben dann definitiv alle irgendwo geschlafen.
Jetzt sortiere ich Fotos und Verlagsunterlagen und mache Schulzeitschrift und Unterricht daraus. Ich arbeite mit Notstrom, der nur für meinen PC und dessen Umgebung reicht. Der Umbau unseres Schulhauses ist noch immer nicht beendet, aber ich hoffe, dass die Heizung bald wieder geht. Sonst müssten wir dann irgend ein Bewegungsgerät unter den Pulten installieren und die Energie selber machen. Denn hierzlande ist wahrlich Winter eingebrochen.
Der Bücherfragebogen ist eine so schöne Idee, ich könnte stundenlang lesen, was die Bloggerinnen hierzu schreiben, besonders, wenn sie es akribisch tun. Für eine traditionelle Buchhändlerin wie mich sind das alles tolle Kundengeschichten und eine sprudelnde Quelle für kommende Beratungsgespräche. Ich war noch nie beleidigt, dass Buchkonsumenten einander Bücher empfehlen oder einander davon abraten, das ist ja weissgott nicht erst seit dem Internet so. (Ein wenig komisch wirkt es auf mich, wenn die Software die Empfehlung übernimmt. Aber da alle Onlinebuchshops vermelden, es sei gewünscht und funktioniere.)
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Argentinien: Von Azubis gelesen

Jetzt, wo eine Schweizerin den deutschen Buchpreis bekommen und es damit sogar ein gutes Buch in die Boulevard- und Gratismedien der Eidgenossen – ich war wie erschlagen heute von diesem Wunder -geschafft hat,
jetzt, wo die Buchmesse angefangen und jedes Presseerzeugnis viele, viele Buchempfehlungen veröffentlicht hat, muss ich unbedingt einen Hinweis auf die Tipps unserer Azubis machen. Vier ganz verschiedene Besprechungen sind ausgewählt und im aktuellen „Der Schweizer Buchhandel“ abgedruckt worden.
Ich finde es schön, wenn Azubis etwas publizieren können, was über die Schule hinausgeht – und erst noch in der Messenummer. (Aber jetzt sind wir wirklich weg.)

Wochenrück- und -ausblick

Ich finde meine Lernenden in aller Regel nett, höflich und sorgfältig im Umgang mit Material. Aber sie sind auch kommunikativ und initiativ und originell. Klagen über sie höre ich daher ungern. Aber seit wir die schönen neuen Schulzimmer haben, häufen sie sich. Denn der neue, hohe Standard führt zu überhöhten Erwartungen an das Verhalten des gemeinen Azubis. Der Boden habe vom Herumschieben der Stühle und von den Schuhabsätzen schon zu viele Kratzer – Azubis tragen einfach keine Finken in der Schule! Die frisch getrichenen Wände hätten neben den Fenstern bereits den einen oder anderen Schlag von der Rolladen-Kurbel abbekommen – mit Beamer im Zimmer wird die Rollladenbedienung halt öfter nötig! Manchmal räumen wir offenbar nicht genügend schnell auf – ein Durcheinander und ein paar Brosamen auf dem Boden fallen jetzt sofort ins Auge. Aber fallen sie dann auch wirklich so viel mehr ins Gewicht? Ich möchte nicht soweit gehen zu sagen, dass Renovationen in Schulhäusern zweischneidig seien – nein, man muss sie machen. Aber ich mag die Azubis einfach nicht ständig für normale Abnutzung rügen, sonst fühle ich mich dann irgendwann selber ziemlich abgenutzt. Doch weil wir jetzt ohnehin schulfreie Zeit haben, ziehe ich mich ein paar Tage aus dem Schulleben zurück und lese offline:

  • Fox, Was am Ende bleibt (weil’s Franzen in seinem sog. Harper’s Essay lobend erwähnt)
  • Franzen, Mehr von seinen Essays – auf „Freiheit“ habe ich aber noch keine Lust
  • Roberts, Shantaram (weil’s mir einige Azubis sehr ans Herz gelegt haben – ist ja ein Wälzer…)
  • Grashoff (Hg.), Ich möchte jetzt schliessen (weil ich das schon lange lesen wollte)
  • Danach kommen letzte Vorbereitungen für die Buchmesse dran, auch dieses Mal wieder eine Exkursion mit zwei Klassen. (In unserer Fotogalerie finden sich noch ein paar Bilder von Messebesuchen frührerer Jahre.) 98% ist organisiert, reserviert, bis ins Detail geplant und ich freue mich.

    Jede These hat ihre Antithese

    Vergangenen Sonntag war ich bei einer Tagung aufs Podium geladen, die sich mit der Herausforderung E-Book befasste, was interessant war, weil’s bei E-Themen ja garantiert etwas gibt, was man noch nicht weiss. Breitformatige E-Books für Kinderbilderbücher beispielsweise kannte ich nicht, den Exklusiv-Reader der Kette X hatte ich noch nie in der Hand gehabt, von dem der Kette Y wusste ich nicht, was er schlussendlich kosten soll. Die neusten Zahlen zu den Lesegewohnheiten bisheriger User (eine Datenbasis von 100 ist dabei schon viel) sind wohl nicht ganz verlässlich und die Bewegungen auf neuen Absatzmärkten bzw. Gadgets können nur teilweise erhoben werden. Die Antwort auf die Frage, wer wem die Preise diktieren und/oder die Inhalte klauen wird, bleibt wolkig, das liegt in der Natur der E-Sache.
    Dieses Mal ging es zusätzlich um den Einfluss auf den Berufsalltag der Buchhändlerin und des Buchhändlers und da tun sich – wie in allen Buchberufen – Gräben auf. Die Diskussion läuft sehr emotional und schon eine ganze Weile im Kreis. Das papiererne Buch zu bewahren ist ein legitimer Anspruch, bei der Digitalisierung der Inhalte vorne dabei zu sein ebenso. Warum sollten wir heute sagen können, wer sich zukunftsgerichteter verhält? Es erscheint mir doch ziemlich vermessen, 5000 Jahre Buch als nahezu abgeschlossen zu betrachten. Und es scheint mir wenig hilfreich, zehn Jahre globales Heavy-E-Reading als Hype abzutun. Die jetzigen Generation Buchmenschen muss von beidem etwas verstehen, pragmatisch, neugierig und vor allem den Inhalten zugeneigt bleiben. Denn diese Würfel sind noch lagen nicht gefallen.

    25 Jahre Ehrenamtliches

    Ich mag Ehrenamtliches, bei mir selber und bei anderen. Als Ehrenamtliche kann man sich ohne viel Vorlaufzeit in alles einmischen – ja, man wird geradezu darum gebeten und die anderen müssen auch noch dankbar sein dafür. In der Regel sind solche Gremien (Vereinsvorstände, Kommissionen) geprägt von Verbindungen, die weit über die Gremiumsgrenzen hinausgehen, aber wer nur networken will, bleibt meist nicht lange, dazu gibt’s zu viel zu tun. Ehrenämter fressen laue Sommerabende und gemütliche Winternächte, sie treiben meine Mobiltelefonrechnung in schwindelnde Höhen und zerren an Freundschaften mit Nicht-Ehrenämtlern.
    Der Hauptgrund für meine Ehrenämter sind meine guten Erfahrungen damit. Seit 25 Jahren.
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