Standort(bestimmung) in Zürich

Der Tagesanzeiger, bzw. dessen Ausgehmagazin Züritipp, hat zwei gute Beiträge zum Thema Buchhandel veröffentlicht.
Zuerst: „Bedrohte Branche“. Leider gibt es viel zu wenig Artikel über dieses Faktum. Auch dieser hier bleibt dem Format entsprechend an der Oberfläche. Das ist meiner Meinung nach Berichterstattung, die den Konsumentinnen und Konsumenten dient – nicht die zehnjährige Leier von der Strutkurbereinigung (normales Buchhandelssterben) oder der Strukturerhaltung (antiquierte Buchpreisbindung) oder dem Strukturwandel (mehr! billigere! E-Books! Sonst! Piraterie!).
Wir brauchen Berichterstattung darüber, was a) der Buchhandel und speziell die Buchhandlung den Leserinnen und Lesern bedeutet und b) was sie ihnen Wert ist. Berichte darüber, die Zusammenhänge zwischen a) und b) aufzeigen. Man kennt solche im Bereich Markenartikel, die Textilbranche hat sie längst Einzug in die Lehrmittel gefunden, es werden Projektarbeiten gemacht und Filme gedreht. Ebenso Ernährungsfragen werden im Zusammenhang mit Regionalität von der ersten bis zur letzten Volksschulklasse anhand passender Medienerzeugnisse der letzten Jahre erläutert. Aber über Buchhandlungen und Urheberrecht gibt es fast nichts, was Konsumentinnen und Konsumenten die Vor- und Nachteile für sie selber aufzeigt.
Der zweite Beitrag gehört in die Rubrik Lifestyle. Gerade deshalb frage ich mich, warum so etwas wie „Zürichs schönste Buchläden“ nie in Bern gemacht wird?
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Buchmesse: Rückblick 2011

Meine Buchmesse war schön: Ästhetisch, sozial und offen. Das sind für mich messbare Messequalitäten. Punkto Ästhetik spielt Frankfurt ohnehin in der ersten Liga. Man sieht schlechteren Messen an, was für eine enorme Leistung es braucht, um aus dem Auftritt vieler einen brauchbaren Gesamteindruck zu machen. Dazu gehören auch Beschriftungen, Wegweiser, Standnummern, der Umgang mit leeren Ständen und Neuausstellern, die Website, die Online-Orientierung während die Messe läuft. Das alles hat die Frankfurter-Buchmesse-Leitung besser im Griff als alle anderen, die ich kenne (und ich liebe Messen – sie sind für mich die Quintessenz des Marktes). Vitaler Bestandteil des diesjährigen gelungenen Auftrittes war der Ehrengast Island. Die hatten eine Strategie, die verdammt viel wegliess und gerade deswegen in sich absolut schlüssig war. Alle Autoren präsentieren? Oder nur die Berühmten, Übersetzen, die Exoten, die Genehmen? Andere Künstler auch? Und den Tourismus ankurbeln? Fragen, die sich jedes Gastland stellt und die Island perfekt beantwortet hat: Island verpflichtete sich in seiner Ausstellung dem Bücherlesen und Vorlesen und der Landschaft, die Isländerinnen und Isländer dazu animiert. Islands Bücher wurden in der in die Ausstellung integrierte Freihandbibliothek präsentiert: Thematisch, aber in allen Übersetzungen. Ich nehme an, Presse und TV haben so positiv wie alle auf Island reagiert und ich brauche hier nichts Genaueres zu beschreiben? Wenn doch, mache ich das gern auf Wunsch.
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und jetzt Messe!

Programm, Klassenlisten, Visitenkarten, Business- und Reiseklamotten, Ladegeräte, Notebook, Bücher und Literaturbeilagen zum Lesen auf der Hinreise pipapo – schon fast alles parat. Und wenn die Welt noch in Ordnung ist auf den Zug nach Frankfurt. Dieses Jahr reisen vier Begleitpersonen mit fast 80 Lernenden, was einmal mehr unser grosses Vertrauen in den Nachwuchs beweist, der des Nachts statt Clubs Lesungen besuchen wird, wobei man – ich gestehe es – zu Messezeiten beides nicht immer zweifelsfrei unterscheiden kann.
By the way: Orell Füssli made my day! Die Buchhandlung bewarb im heutigen Kundenmailing die Steve-Jobs-Biographie…
Jobs-Biographie-Mailing
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Schön gemacht

Die Islandseite unserer Lernenden in der Fachpresse. Ich habe volles Vertrauen, dass solche Buchhändlerinnen nach der Lehre geschmackvolle Onlineshops hinbekommen. Darum geht’s nämlich. Auch in Hamburg, wo die vor drei Jahren wider aller Vernunft gegründete Online- und Offline-Buchhandlung Stories! auf November eine weitere Filiale eröffnet. Ist das Buch am Ende doch nicht tot? Aber Steve Jobs. Überall und sogar aus der Buchbranche wird einem Visionär Respekt gezollt. Noch lebendig ist Umberto Eco. Sein Verleger stellt den neuen Titel (erscheint am Samstag) persönlich vor. Der klingt dabei wie ein alter Dozent meiner Buchhändlerschule: Eine Nachricht aus einer fernen, analogen Zeit, in der Lehrer mit Gesten und Worten versuchten, Bilder im Kopf der Schüler zu erzeugen.

Nachtrag: Der hierzulande unbekannte Lyriker Tomas Tranströmer kriegt den Literaturnobelpreis. Wieder einmal Hanser, siehe oben.

Danke, Daniel Keel.

Er war Buchhändler, deswegen haben Buchhändler seinen Verlag geliebt: Seine Auswahlkriterien waren für unsereins nachvollziehbar, seine Bücher verkäuflich. Wir mochten die Bücher, die er machte, wir mochten was er sagte und wie er es sagte, wir schätzten die visuelle Unverwechselbarkeit, die seine Frau Anna Keel dem Verlagsprogramm verschafft hat. Uns gefielen die Verlagsvorschauen, das Diogenes Magazin, die Leporellos mit den klassischen Spezialitäten.

Fuck Fiction - Belletristikwerbung 1971 von Diogenes

Vor ungefähr vierzig Jahren schrieb Daniel Keel eine Replik auf einen Essay, der den Untergang der (guten) Belletristik beklagte, die ich besonders gerne lese, wenn mir Twitter, die Digital Natives & Co. zum Hals raushängen. Loriot illustrierte ca. 1973 den Diogenes-Belletristikprospekt entsprechend. (Will ich morgen in der Schule, d.h. in der Diogenes Verlagsgeschichte in meinem Büro-Büchergestell raussuchen, werde kommentieren.)
Hier geht einer, der seine Autoren pflegte, mit ihnen früh frühstückte oder spät nachtesste, der Papier und Schriften bewusst auswählte, der nur originalgetreue Umschläge tolerierte und bei miesem Druck ohne mit der Wimper zu zucken 20’000 davon wieder einstampfen liess – bref: Einer, der verlegte. R.I.P.
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BAM 2011

Die nächsten Tage bin ich an der Berufsbildungsmesse. Ich werde morgen Achtklässlern aus dem ganzen Kanton erklären, was eine Buchhändlerin den lieben langen Tag macht, dass sie eher drinnen als draussen arbeitet, dass sie mehr mit Menschen und weniger mit Tieren zu tun hat. Dass sie einen PC braucht und ausser Kisten heben keine Schwerarbeit verrichtet. Die Fragen kommen aus einem Fragebogen, den die Jugendlichen im Rahmen der Berufswahl ausfüllen müssen. Am Wochenende berate ich dann mehr die Eltern, die sich Sorgen machen, dass die Tochter Buchhänderlin werden möchte, obwohl die doch nichts verdienen und am Ende ohne jede Sicherheit dastehen, weil „gerne lesen“ weissgott nicht reicht fürs Leben. Ich freue mich sehr! Ich liebe Messen (Nomen es omen).
Der deutsche Berufsfilm über die Buchhändlerin von 2010 ist zwar wenig originell, aber genau deswegen sehenswert für junge Leute, die sich für den Buchhandel interessieren. Er zeigt, was eine durchschnittliche Ausbildung so beinhaltet. Gedreht wurde in einer Filiale des Hamburger Traditionshauses Heymann.
So long!

Kleiner Hinweis

Es ist schön, dass so viele Buchhändlerinnen und Buchhändler hier vorbeischauen und nach „Abschlussfeier“ und Fotos derselben suchen. Aber die erste Bildgalerie wird natürlich bei meinem Arbeitgeber (der mich bezahlt) erscheinen und nicht in meinem Blog (das meine Freizeitbeschäftigung ist). Ich hoffe, dass Sie bald in unserer Fotogalerie etwas zu sehen bekommen und danach natürlich im Pegasus Nr. 104, der in den ersten Septembertagen erscheinen wird. In Ordnung so?
Ich erinnere mich sehr gerne und auch ein bisschen wehmütig an diese schöne Feier. Vielen Dank noch einmal dafür!

Schlussfeier Buchhändlerinnen 2011, Abteilungsleiterin

Anlässe: Blick zurück nach vorn

Die Zeit vor den Sommerferien ist voller gesellschaftlicher Anlässe:
Hinter mir liegen die Verabschiedung eines Vereinsmitgliedes letzten Dienstag, der erste gemeinsame Anlass mit dem Kollegium für die neue Lehre letzten Mittwoch, die Verabschiedung meines ehemaligen Chefs (mit beeindruckender Aussicht auf den Murtensee) am Donnerstag, ein Treffen zwecks Planung einer goldenen Hochzeit am Freitag und ein spontaner Grillabend im Schulhausgarten des Quartiers am Samstag. Das war ein wenig viel aufs Mal, aber lustig.
Vor mir liegen das Geburtstagsfest meiner Mutter morgen, die Abschlussfeier der frischen, neuen Buchhändlerinnen und Buchhändler am Dienstag, die Diplomfeier der Kaufleute und die Verbandsfeier (150. Jahre KV Bern) am Donnerstag und das Geburtstagsfest der Schwiegermama am Freitag. Ich freue mich auf alles, doch die Abschlussfeier der Abteilung Buchhandel ist natürlich mit Lampenfieber verbunden. Ich organisiere das ja selber und bin deshalb besonders darauf angewiesen, dass hier alles rund läuft und Menschen und Dinge zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.

Blog-Teil-Bloggen

Heute habe ich drei Blogbeiträge begonnen, nein, sogar vier. Einen über die mir unergründliche Wirtschaftslage der Nation und der EU, in diesem Zusammenhang auch einen über die Definition von Armut. Einen weiteren zu den „55 Thesen über die Zukunft Buchbranche“ und einen über handgeschriebene Buchbesprechungen, die die Buchhändler direkt ins Buch stecken oder am Buch befestigen. Kein Beitrag ist fertig geworden, aber für Angedachtes gerne:
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