In der Parallelklasse heute hatte ich drei Freiwillige für Bilderbuch und Märchen (auch Theorie). Es war ganz anders als gestern, aber trotzdem unglaublich gut. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass man so spontan zusammen mit Schülerinnen drei Lektionen bestreiten kann. Und das erst noch in der Mittagszeit von 11:20 bis 13:50. Ich bin sehr stolz auf die klasse Klassen.
Ich selber habe die ganzen drei Lektionen vorbereitet und einfach in jeder Klasse das unterrichtet, was nach den Erklärungen, Erzählungen und Überlegungen der Lernenden noch nicht zur Sprache (sprich: zu Notizen) gekommen war.
Abgegeben habe ich: Eine Märchenbibliografie, Beispiele von Tiergedichten, Empfehlungen zu originellen Kindergedichten und alten Rätseln aus Lesebüchern, wegen ihres schönen Metrums (Thama hatten die Lernenden in Literaturkunde).
Kategorie: In der Lehre
Aus dem Schulzimmer
Kinderlesesachen
.. und ich kann auch gleich weiterfahren mit dem, „was Schülerinnen können“. Ich hatte heute drei Lektionen mit einer Klasse des 2. Lehrjahres. Wir hatten ein volles Programm und dieses gemeinsam gemacht (was eine Premiere für mich war). Es ging darum, die Themen:
1. Märchen
2. Bilderbücher
3. gebundene Sprache für Kinder (Mundartverse, Abzählreime, Kinderlyrik)
in drei Lektionen unterzubringen. Die Schülerinnen wünschten keine Gruppenarbeiten. Ich muss noch sagen, dass es ausser den regelmässigen Tests und zwei Semesterarbeiten in meinem Fach keine Aufgaben gibt. Hausaufgaben bei mir sind, in der Buchhandlung und im Leben die Augen offen zu halten. Wo war ich? Eben, nicht Gruppenarbeiten, lieber Frontalunterricht. Ich hingegen hatte Zweifel geäussert, dass drei Lektionen frontal erträglich und lehrreich sein würden. So einigten wir uns auf eine Mischform mit Freiwilligen, die etwas vorbereiten würden. Von 21 Nasen wollten zwei.
Und es war genial! Ich habe mit Märchen begonnen (Rotkäppchen, ein wenig Freud und Jung und dann Verena Kast). Bevor wir den Rotkäppchentext lasen, gab es eine Paararbeit von 2×5 Minuten. Eine erzählt das Märchen aus eigener Erinnerung, die andere fährt nach fünf Minuten fort. Klar, dass WEG – WALD – WOLF bei allen vorkam.
Dann folgte die fulminant vorgetragene Bilderbuchstunde der beiden Schülerinnen. Keine Lektion, nein, eine Stunde und zum Abschluss zwei Bilderbuchgeschichten, die uns alle ins Kindergartenalter zurückkatapulitert haben, was einfach nur gut war.
Die letzten zwanzig Minuten habe ich dann mit den uralten Dialektversen wie „Rössli bschlaa“ und den gereimten Rätseln aus den Lesebüchern bestritten. Zum Ausklang haben wir ein Lied des autonomen Kindertheaters GRIPS der frühen Achzigerjahre gehört und gelacht (sofort wollte jemand die CD ausleihen, was die Lehrperson besonders freut).
Zuerst sah es aus, als würde es schwierig. Wenig Zeit pro Thema, Gruppenarbeiten wollten sie nicht, haben sie sowieso immer, für Frontal war es zu lange und zu viel. Und mit „nur“ zwei Freiwilligen läuft es dann wie am Schnürchen. Werde ich mehr machen so Sachen.
Headache
Alles eingepackt auch Paracetamol oder wie das heisst – stop – dann in die Schule und Fächli lehren, nein lernen, nein leeren – stop – ins PC-Zimmer 1307 und Tüte mit Disketten auspacken – stop – nein, falsche Tüte mit mir fremden Sachen aus einem anderen Leben – stop – Kind auf Handy anrufen damit es Papa am Festnetzphone Handy ans andere Ohr drückt – stop – damit Papa sich anhören kann, dass er bittebittebitte Disketten bringt – stop – er bringt in Viertelstunde, gozeidankewastäteichohne? – stop – ein Paracetamol schlucken und ruhig werden – stop – gelassen vorbereiten, Favoriten anlegen – stop – ja nicht während des Referierens zuviel googeln müssen – stop – es läutet und niemand kommt – stop – einen Stock weiter unten schwatzt eine Klasse viel zu laut, es hat doch schon geläutet – stop – ach, oh Schreck! Es ist meine, wir sind in Zimmer 1207 – stop – Beamer abstellen – stop – alles wieder runterfahren – stop – verantwortungsbewusst hinterlassen – stop – einen Stock runterrennen und entschuldigen – stop – nur eine Minute zu spät zum Glück – stop – und jetzt die Lektionen von hinten aufrollen – stop – die Disketten mit der angefangenen Arbeit vom letzten Mal sind ja noch nicht da – stop – und Favoriten aufstarten – stop – die sind ja in Zimmer 1307 – stop – doch noch alles ergoogeln – stop – jetzt klingelt das Handy – stop – runterrennen auf Parkplatz – stop – Disketten vom Mann entgegengestreckt kriegen, danke vielmal, das vergess‘ ich dir nie – stop – und wieder zurück – stop – „ich habe eine Frage“ – stop – ich auch. Hunderte.
Bärendienst
Ein Lernender des 2. Lehrjahres hat mich aufgrund der hiesigen Kommentare um ein „Sünonüm“ für das Wort „Bärendienst“ gebeten. Mach ich doch gerne!
Auch wenn es für einen Nicht-Berner klingt, als wäre das Wort dem bernischen Dialekt entliehen, ist es ein ganz normales DUDEN-Wort. Der allerneuste Rechtschreibe-DUDEN sagt dazu:
Bä|ren|dienst (schlechter Dienst); der
Im ältere DUDEN in acht Bänden (= Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache; gibts im Moment gerade nicht mehr) steht:
Bä|ren|dienst: der in der Wendung jemandem einen Bärendienst erweisen/leisten (in guter Absicht etwas tun, was einem anderen, zu dessen Nutzen es gedacht war, schadet; vielleicht nach der Fabel „Der Bär und der Gartenliebhaber“ von La Fontaine, in der der Bär diensteifrig eine Fliege von der Nase des Gärtner verscheucht, ihn dabei aber tötet): dass Sie mit Ihrem Amoklauf gegen das Privatleben des Papstes den Homosexuellen in ganz Europa einen Bärendiest erwisen haben (Ziegler, Kein Recht 144)
Hier noch rasch die Erklärung zur Erklärung. Wie lässt sich der grosse DUDEN in acht Bänden lesen? Das ist ein Wörterbuch, das bei jedem Eintrag zuerst erklärt, was ein Wort bedeutet. Dann zeigt es, woher die Bedeutung kommen könnte und zuletzt folgt ein Beispiel aus der Presse, wie das Wort von wem gebraucht wurde. Hier war das eine Frau oder ein Herr Ziegler in der 144. Nummer von etwas, das wohl „kein Recht“ heisst, mir aber so auf die Schnelle nicht bekannt ist.
Alles klar und wunderbar? Testen Sie die Wörterbücher in Ihrer Buchhandlung!
stimmt freundlich
Es gibt Lernende (wenige, zum Glück), die fehlen im Unterricht und ich verdächtige sie des Schwänzens. Die fragen meistens auch nicht nach, was gemacht worden ist, die erwarten Bringer-Information (mach‘ ich aber nicht, ausser sie sind im Spital oder in der Psychiatrie, kommt ja leider alles vor). Dann gibt es Lerndende, die nehmen sich meinen Einführungskurs („How To: Unterricht BVK“) zu Herzen und begreifen von Anfang an, dass man mich immer um Informationen bitten kann und mich per E-Mail am einfachsten erreicht. Das klingt dann so harmonisch:
Liebe Frau B
Sie haben keine Aufgaben. In der Lektion haben wir uns hauptsächlich mit der Folie attached
[Gesamtbuchhandel = Verlag/Zwischenbuchhandel/Sortimentsbuchhandel] beschäftigt.
Lassen Sie sich die Details von Ihren Kolleginnen erklären, das klappt sicher.
Ich freue mich, wenn es Ihnen besser geht!
Liebe Grüsse
—–Original Message five hours ago —-
Hallo Frau M
Ich möchte mich für meine Abwesenheit gestern entschuldigen. Ich hatte einen
Migräne-Anfall und musste nach Hause. Die Entschuldigung bringe ich Ihnen
nächste Woche vorbei.
Jetzt sollte ich noch wissen, was für Aufgaben wir auf nächste Woche haben.
Vielen Dank.
Herzliche Grüsse
Kolonialsprache Englisch?
Eine meiner Schülerinnen vertrat die Meinung, es sei kolonialistisch, dass sowohl das Internet wie auch die globalisierte Businesssprache Englisch sei (Englisch ist auch Messesprache in Frankfurt).
Im Buchhandel ist es wichtig, Meinungen gut zu reflektieren und auch in der Lage zu sein, damit hinter dem Berg zu halten. Dieses Thema beschäftigt uns immer wieder und es wäre spannend gewesen, auf die Diskussion einzusteigen. Aber die Zeit hat gefehlt und viele in der Klasse waren nicht interessiert.
So habe ich als Feedback einen Eintrag ins Blog „meiner“ Buchhandlung gemacht und ihr den Link geschickt. Sie hätte also die Möglichkeit gehabt, das wieder zu kommeniteren und konnte davon ausgehen, dass ich antworten würde. Sie hat sich jedoch nicht mehr geäussert, aber sie schien zufrieden, dass ich darauf eingegangen bin.
Und ich bin etwas stolz, dass ich ihr auch noch einen Buchtipp dazu „untergeschoben“ habe. Wer weiss, vielleicht kann sie das Büchlein einmal empfehlen. Einer Lehrerin zum Beispiel.
Freude über Freude
Letzte Woche hat mich eine Lehrfrau gefragt, ob ich ihr meinen SPIEGEL zum Schillerjahr (sein 200 Todestag wird am 9. Mai 2005 sein) überlassen könne. Konnte ich nicht, war noch nicht fertig mit Lesen, aber habe versprochen, diese Woche mitzubringen. Habe ich gestern auch gemacht. Sie hatte grosse Freude, dass ich es nicht vergessen hatte, ich hatte grosse Freude über ihre grosse Freude. Und so ist der schöne Götterfunken über die Jahrhunderte gesprungen, just zu mir ins Schulzimmer.
Feuilleton
Heute will ich mit dem 2. Lehrjahr ansatzweise Rezensionen schreiben. Ziel ist, dass die Lernenden Buchtipps und Rezensionen unterscheiden und beurteilen können.
Buchtipps sind Empfehlungen, das kennen in der Regel alle angehenden Buchhändlerinnen und Buchhändler.
Rezensionen sind Kritiken. Das ist schwieriger zu machen, denn das ist journalistische Arbeit und ein Bestandteil des Feuilletons.
Und jetzt das. Jetzt sagt die Frankfurter Rundschau das Feuilleton tot. Völlig ungeachtet meines „Präps“.
Einschreiben vom Chef?
Thema „Gesprächsführung“ im Rahmen Betriebs- und Verkaufskunde: Zum Start habe ich wieder einmal einfach so in die Klasse des zweiten Lehrjahres gefragt:
Was denken Sie, wenn Sie von Ihrem Chef unverhofft einen eingeschriebenen Brief bekommen?
Die Hälfte glaubte, es handle sich um die Kündigung des Lehrvertrages, die übrigen hielten den Brief für eine Vorladung, einige waren unentschlossen. Niemand glaubte, es sei etwas Positives, wie zum Beispiel eine Lohnerhöhung.
Noch nie habe ich auf diese Frage, ob sie schriftlich oder mündlich, in Gruppen oder einzeln gestellt wurde, eine wesentlich andere Antwort erhalten.