Tempori aptari decet*

Mir geht es ein wenig wie Liisa, es fällt mir schwer, weihnachtlich zu sein. In unserem Umfeld gibt es der Schicksalsschläge zu viele. Aber noch backen wir. Und wie immer, wenn wir mit dem Klassischen fertig sind, erfinden wir für die letzte Runde ein neues Rezept. Dieses Jahr ist es ökumenisches Mandelgebäck mit Safran.
Safranmandel-Güezi 2009
*Man muss sich der Zeit anpassen (Seneca, Medea)

Letzte Schulzeitung ’09

Die letzte Ausgabe unserer Schulzeitschrift, der Pegasus Nr. 97, ist versandt und online. Sehr ans Herz legen möchte ich Michael Krügers Essay (S. 11).

Wir wissen (noch) nicht, wie eine literarische Kultur im Zeitalter der elektronischen Verfügbarkeit aussehen könnte, aber wir können ahnen, dass sie sich von unserer prinzipiell unterscheidet. Ob es gelingt, die juristischen und organisatorischen Fragen zu lösen, die eine «freie», demokratische Verbreitung von geistigem Eigentum gewährleisten, ist mehr als offen. Viel wichtiger aber ist die Frage, welches Menschenbild im Verlauf der rasanten Entwicklung der Technik aus dem Netz aufsteigt. Ob wir uns in ihm noch erkennen werden, bleibt abzuwarten. Es bleibt unheimlich und macht nicht froh, dass der Mensch auf vielen Gebieten einer Entwicklung hinterherläuft, die immer schneller ist als er und ihm die Bedingungen diktiert, unter denen er leben soll.

Sehr schwer ums Herz ist mir, weil wir einen Lernenden verloren haben (S. 23). Denn auch wenn sie es nicht immer glauben, wir Lehrer wünschen uns für unsere Schüler hauptsächlich eines: Zukunft.

Präambel

Entgegen landläufiger Meinungen (Bauchentscheid, Fehlinformation, Vermischung, vage, diffuse Ängste) bin ich überzeugt, dass die Mehrheit das Abstimmungsresultat der Anti-Minarett-Initiative bewusst herbeigeführt hat, weil sie sich vom Ausschluss der Muslime, deren Unsichtbarkeit und eine putzigere, schönere, schweizerischere Schweiz verspricht und dass diese Mehrheit auch noch weitergehenderen Massnahmen gegen die Freiheit und Rechte muslimischer Bürgerinnen und Bürger zustimmen würde.
Andererseits habe ich während dem Abstimmungskampf auch die Erfahrung gemacht, dass viele die Bundesverfassung nicht kennen und demnach schlecht ermessen können, was es für uns alle bedeutet, hier einen diskriminierenden Artikel aufzunehmen. Deswegen und wegen des heutigen Welt-Aids-Tages eröffne ich den Dezember in diesem Blog mit der Präambel zu unserer Verfassung, über deren Wortlaut wir vor zehn Jahren letztmals abgestimmt haben. Auf dass sie bekannter werde.
***
Im Namen Gottes des Allmächtigen!
Das Schweizervolk und die Kantone,
in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,
im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,
im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben,
im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,
gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen,
geben sich folgende Verfassung
***

Witz des Tages

Witz des Tages
Meiner Lektüre entsprechend könnte ich sagen, ja, Herr Schirrmacher hat recht, unsere Aufmerksamkeit ist irgendwo zwischen Kurznachrichten und Onlinelesen verloren gegangen und wäre selbst ein guter Beweis, weil nämlich heute morgen das Fleur de Sel, welches ich nach dem Abendessen weggeräumt habe, in meinem Spiegelschrank stand. Andererseits war ich im Privaten schon immer sehr Professor Bienlein-ig.

Momentaufnahme meiner Lektüre

Ich habe gerade vieles zu tun, was Einfluss auf andere hat. Das finde ich nicht anstengender als anderes, aber es ist mir wichtiger, alles sorgfältig zu machen. Es geht um Unterrichtsbesuche, Mitarbeitergespräche, Gespräche für die Personaleinsätze im neuen Schuljahr, Qualitätssicherung bei der Umsetzung der neuen Bildungsverordnung und anderes in diese Richtung.
In solchen Phasen muss ich mich sehr konzentrieren und lese deswegen neben den notwendigen Unterlagen privat möglichst viele Bücher. Bücherlesen ist für mich eine zugleich beruhigende wie anregende Tätigkeit. Es hilft mir, an einer Sache dranzubleiben, gerade wenn für Zielkonflikte noch keine Lösung in Sicht scheint.
Ich lese im Moment:

  • Im Bett: Peter Henning, Die Ängstlichen. Danke, readingease, ohne dich hätte ich ein gutes Buch verpasst.
  • Auf dem Bus oder Tram: Tiziano Terzani, Das Ende ist mein Anfang
  • Beim Morgenkaffee: Frank Schirrmacher, Payback
  • Ich bin bei allen drei Titeln über die erste Hälfte raus und empfehle sie gern. Sie sind lesewürdig.

    Advent ausgekellert

    Adventskalender in process Andventskalender finished
    Weil ich nicht weiss, ob ich nächstes Wochenende in Stimmung sein werde, weil ja Abstimmung sein wird, habe ich schon dieses die Adventssachen aus dem Keller geholt. Der Andventskalender für eine Nichte und einen Neffen ist fertig, der für das Kind noch in Entstehung. Die letztjährig gezogenen Adeventskranzkerzen riechen betörend und sollten aufgrund guter Lagerung besonders lange brennen. Mit dem Auflegen der Weihnachtsliederbücher bin in dieses Jahr ebenfalls früher dran. Frühzeitiges Singen wird uns gut tun, im Moment kann man ja in diesem Land gar nicht so viel Informationen aufnehmen, wie man kotzen möchte (z.B. die Weltwoche: Köppels flammendes Editorial für die Anti-Minarett-Initiative, ein gefaktes Arschkriecherinterview mit Blocher, danach „die Deutschen“ rundumschlagend wegen der Enke-Trauerfeier in die Pfanne hauen und wenig später noch den Datenschützer als Verteidiger einer von den Nazis platzierten Zensurmassnahme hinstellen, weil er etwas gengen Google Street View hat; mehr an den Haaren herbeireissen geht nimmer). Darum: diese Woche tröstlich-weihnächtliche Lieder, ab nächster dann inneres Exil.

    Ein schöner Sonntag

    Zweimal gewonnen.
    Ein wunderbares Werk wurde heute völlig zu Recht mit dem Schweizer Buchpreis geehrt: Der Titel Mehr Meer von Ilma Rakusa, verdiente Autorin, Übersetzerin, Literaturkritikerin und Zugewanderte. Erschienen ist das Buch in einem österreichischen Verlag, der viel mehr kann als in rollenden Rubeln zu denken. (Und was für eine schöne Preisverleihung in Basel! Wiedersehen, Wichtigkeiten, Nichtigkeiten, Ironie und eine Prise Zunkunftszynismus im Kreise angenehmer Menschen, die alle Bücher lieben. Danke sehr.)
    Und unsere U-17 hat die Fussball-WM gewonnen. Danke Siegrist, Chappuis, Veseli, Rodriguez, Kamber, Buff, Xhaka, Martignoni, Kasami, Ben Khalifa, Seferovic (Siegestreffer), Goncalves, Hajrovic, Nimeley. Ein Equipe multicolore mit Jungs des Jahrgangs 1992 aus den Herkunftsländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Chile, Ghana, Kosovo, Portugal, Schweiz, Serbien, Tunesien.
    Ach du kleines, dummes Heimatland. Was wärst du ohne Einwanderer.