Wenn ich im August einen Wasserschaden habe, den indirekt mein Vermieter durch Unterlassung verursacht hat, darauf die Versicherung meines Vertrauens, die seit Jahren mein Geld bekommt, anrufe und von dieser die glasklare Auskunft erhalte, sie sei hier zuständig und nicht der Vermieter –
wenn ich eine komplette Liste meines versicherten Inventars in Form einer Exceltabelle mit Beschreibung und Neupreisen beibringe (entschuldigung, wer hat das schon?), das aber leider nicht ausreicht und
wenn ich daraufhin ohne Murren einen Monat alle notwendigen Belege zusammensuche und von verzogenen Futonproduzentinnen Qualitätsnachweise einfordere („Denn wissen Sie, es gibt ja Futons bei IKEA und solche beim Futonhaus“) und
wenn ich dann Mitte Oktober einen Termin mit dem Aussendienst meiner Versicherung abmache und dabei entscheide, meinen Standard von „mittel“ auf „gehoben“ zu ändern und einen entsprechend teureren neuen Vertrag für die Wasserschäden der Zukunft unterzeichne –
wenn ich das mache, dann erwarte ich nicht Ende Oktober einen Anruf der mir zugeteilten Sachbearbeiterin, die Schadensprüfung hätte ergeben, der Schaden sei Sache des Vermieters.
Dann rufe ich nämlich den Schadensprüferchef an. Und zeige Befremden. Und noch mehr davon, wenn er den Ball wieder zurückgibt und meint, ich solle halt genauer lesen (Unterlassung des Vermieters s.o.). Als er mich belehrt, alle Quittungen aufzubewahren (ha, ha, was machen die denn in Brienz und Brig und Gondo, hä?), sage ich nichts mehr. Und das ist bei mir ein schlechtes Zeichen.
Aber Jammerbeiträge sollte man kurz halten. Ich lade gerade ein paar schöne Bilder von meiner Kamera, das hat bestimmt eine positive Auswirkung auf den nächsten Blogbeitrag.
Kategorie: Leben daneben
Ausserschulisches und Vermischtes
Dann halt: Eidgenössische Wahlen 2007
Ich mochte nicht extra einen Beitrag verfassen, habe es bei einem Kommentar zum letzten bewenden lassen wollen. Aber ich liess mich drängen:
Danke für die Anfragen, Mitleidsbekundungen sind nicht nötig. Ich kann nichts antworten als dass die von mir aktiv unterstützten Kandidatinnen ihre Ziele erreicht haben: Die Bisherigen Evi Allemann und Ursula Wyss sind gewählt. Nadine Masshardt, die ich neu hätte haben wollen, ist erster Ersatz. Meine Favoritin Evi Allemann hat ihre Wiederwahl mit einem Spitzenresultat geschafft. In Bern haben wir zwei Sitze von Zurückgetretenen nicht halten können. Die letzte Legislatur war kein Zuckerschlecken, die kommende wird es erst recht nicht.
Nein, auch wenn ich keine Freundin der FDP bin, glaube ich nicht, dass es uns nützt, wenn sie auf nationaler Ebene weiter verliert. Und nein, ich mache mir keine Sorgen um die Zusammenarbeit mit den Grünen, wir werden nach dem weiteren Rutsch nach rechts genügend Gemeinsames zu tun haben.
In meinem Umfeld hat sich nach Wahlen noch nie etwas verändert. Auf dem Terrain, auf welchem ich Freiwilligenarbeit leiste, treffe ich eh nur die SP und die Kirche.
Volkswille. Was wir alles falsch gemacht haben, können wir nun eine Woche in der Zeitung lesen. Und in den Kantinen hören. Und im Tram und in den Lehrerzimmern. Denn Politik ist genau gleich wie Fussball oder Unterricht: Jeder kann das vom Sofa aus. Und erst noch besser.
Wahlbeobachtung für Aussenstehende
Der Wahl-Sättigungsgrad sei nun erreicht. Es sei nur noch die Frage auf welchem Niveau. Die Prognosen schwanken zwischen einer sehr hohen Wahlbeteiligung, einger gleichbleibenden und einer etwas niedrigeren. Solche und andere umwerfende innenpolitische Erkenntnisse bereichtet und die Tagespresse aus dem Umfragelabor.
Da macht Victor Giacobbo einen Rettungsversuch. Leider nur in einer Kolumne; ich vermisse das gute alte Kabarett. Rotstifte, Kom(m)ödchen, Scheibenwischer und Pfeffermühlen machen Politik auch in schweren Zeiten erträglich. Aber besser Kolumne als gar nix:
In zwei Tagen ist er endlich vorbei, der teuerste, schärfste, härteste, ja brutalste Wahlkampf aller Zeiten. Vor der internationalen Gemeinschaft präsentiert sich die Schweiz als ein zerrissenes Land, das am Rande des Nervenzusammenbruchs an der Urne entscheidet, ob die Nazis oder die Grünen die Macht in Bern übernehmen werden.
Liebe Leserinnen und Leser aus dem Ausland: Werfen Sie einen beruhigenden Blick auf die bisherige Parteienstärke.
Dummerweise realisiert das aufgeschreckte Ausland nicht, dass bei uns ein nationaler Wahlkampf so was wie eine gigantische Freilichtaufführung ist, deren ewig gleicher Ausgang alle Schweizer von vorneherein kennen. Denn, ehrlich, gibt es irgendeine wahlberechtigte Person, die nicht mit 98-prozentiger Sicherheit weiss, wie die Regierung, das heisst das zankende Miniparlament, das wir Bundesrat nennen, nach den Wahlen aussehen wird? Nämlich: fünf Bürgerliche und zwei Sozis. Wie die dann genau heissen – who cares?
Nein, da muss die Bernerin intervenieren. Nicht das Mini-, sondern das Maxi-Parlament, welches wir jetzt wählen, ist unser Wirtschaftsmotor. Wir beurteilen Kandidatinnen und Kandiaten nach Kaufkraft und Ausgabebereitsschaft. Denn wie Nationalrat Maurer schon vor Längerem in einem schönen Buch zitiert wird: Wären wir nicht Bundeshauptstadt, wäre Bern eine Stadt wie Olten – eher unbedeutend.
Fünfzig Jahre Wahlen und gleich bleibende Regierungszusammensetzung – so was schafft ausser uns nur China.
Er spricht ein grosses Wort gelassen aus. Nur die zum Mittelmass Verdammten brauchen einen Regierungswechsel, um Dramatik in den Wahlkampf zu bringen.
Übrigens: Zurzeit weilt eine Delegation der OSZE als Wahlbeobachter in der Schweiz. Sollten Sie einem Delegationsmitglied begegnen, sagen Sie ihm auf keinen Fall, dass Sie den Wahlausgang schon kennen. Sonst argwöhnt er, dass es in unserem politischen System nicht mit demokratischen Dingen zugeht.
Aufs Ganze: Die Wahl, die Welt und der Wald.
Die Verwaltung der Planung
Zugegeben, es ist mir etwas peinlich, es zuzugeben: Obwohl ich schon ein Jahr daran arbeite, sind meine Harmonisierungsversuche zwischen beruflicher und persönlicher Datenverwaltung kläglich.
Ich führe eine berufliche Agenda und eine private Agenda. Die berufliche ist Pflicht, weil ich ja da meine Termine mit vielen koordinieren muss (Bildungsleute treffen sich nur selten in Zweiergruppen). Weil mich aber diese Agenda (rein softwaretechnisch) stresst, habe ich mich noch nicht aufraffen können, meine private Agenda aufzulösen. Denn in meiner privaten Agenda sind ja nicht nur ein paar Verwandtschaftstermine, sondern auch alle aus der Freiwilligenarbeit. Diese Woche beispielsweise ist meine Berufsagenda (Schulanfang) genau gleich voll wie meine Privatagenda (Wahlen, Gäbelbachfest). Und natürlich gäbe es viele lustige Überschneidungen, würde ich sie überhaupt sehen.
Doch, eine gute Nachricht gibt es: Die Entsorgung meiner zehnjährigen SIM-Card und der Erwerb eines neuen Handys haben zu einer Synchronisation zwischen privat (ThinkPad) und privat (Nokia E65) geführt. Immerhin.
Es ist auch eine Frage der Kontakte. Mein Arbeitgeber ist dahingehend nicht anspruchsvoll. Ein Mensch im Schulwesen darf seine Kontakte ruhig in einem kleinen grünen Büchlein, in einem Palm, im Blackberry (seltener Fall), seinem Notebook oder iPhone sammeln – ich jedenfalls kenne niemanden, der Rechenschaft ablegen müsste oder verpflichtet wäre, seine Kontakte anderen zugänglich zu machen.
Nach einer fünfzehnjährigen Laufbahn im Buchhandel und Bildungswesen bräuchte ich wohl psychologischen Beistand, um meine Kontakte in berufliche und private zu trennen. Soll mir ja niemand sagen, ich könne die Leute zweimal aufnehmen – das habe ich nämlich schon und das ist eine Katastrophe. Eine Person = ein Datensatz. Das wäre eigentlich mein Credo. Nur leider habe ich noch keine Kriterien für die Zuordnung gefunden.
Ich bin mit dem Import und Export meiner Kontakte zwischen den Systemen nicht technisch, sondern inhaltlich und formal überfordert. Ich habe mir vor fünfzehn Jahren keine Richtlinien für die Aufnahme von Adressdaten in der privaten Agenda überlegt. Nur einmal habe ich alle, die unter Vornamen aufgenommen waren, auf Nachnamen umgeschrieben, das war noch im gebundenen Adressbuch und eine sehr weitsichtige Tat. Aber sonst?
Ok, ich bin dran, die passende Ländervorwahl vor alle Telefonnummern zu setzen, das ist zu bewältigen. Aber sonst? Wäre es nicht wichtig zu wissen, dass die Dame zwar nicht mehr aber mal bei einem Politiker gearbeitet hat? Bleiben Handynummern bei Ausgewanderten gleich? Wie viele Adressänderungen von Ehemaligen kann ich bewältigen? Soll ich jeden Kontakt aus der E-Mailkorrespondenz ins Adressbuch aufnehmen? In welchen Intervallen löschen, an wen ich mich nicht mehr erinnere? Und was antworte ich dann, wenn ich Nachricht von einer vergessenen Person bekomme, wenn ich die Person gelöscht habe?
Ich muss aufhören, das macht mich fertig. (Ja, werte Ehemalige, in dieser Sache stimmt es: ich bin überfordert. Nehmen Sie sich kein Beispiel und überlegen Sie sich schon in jungen Jahren, wie sie den wachsenden Adressstamm Ihres Lebens managen.)
Nicht die Bibel, sondern die Verfassung
gehöre auf jedes Nachttischli und in jedes Schublädli neben dem Hotelbett, pflegt einer unserer Staatskundelehrer den Lernenden zu predigen.
Ja, gwüss! Wenn anders denkende Parlamentarier per Interpellation zu „Putschisten“ erklärt werden und allenthalben Verschwörungstheorien parieren müssen, ist das Wahlkampf-Pamphlet eines Verfassungspatrioten nicht nur von erholsamer Schlichtheit, sondern auch ein weiterer Beweis für die Existenz des politischen Wählers, bei dem „unwählbar“ mehr bedeutet als die Reaktion auf das „Charisma“ eines Parteipräsidenten.
Links:
Die Bundesverfassung als PDF in Deutsch.
Die Bundesverfassung in Arabisch und anderen Weltsprachen.
Aller guten Dinge sind 3
Voilà, ich habe gewählt. Kind und Mann haben natürlich versucht, mich zu beeinflussen. Beim Kind verständlich, es muss lobbyieren, schliesslich stellvertrete ich seine Meinung, weil es noch nicht wählen kann. Und der Mann missioniert gern die Streichung der Kandidatinnen und Kandidaten vom Land, weil er zum Städte-Chauvinismus neigt, welcher mir auch nicht ganz fremd ist.
Seit es sie gibt, wähle ich SP-Frauenliste. Und jede Legislatur bin ich im Nachhinein froh darum (siehe auch Mutterschaftsversicherung, langwierige).
Die Frauen die ich entschieden unterstützt und kumuliert habe sind:
Die arbeiten in meinem Sinn und mir in die Hand, weil sie sozial agieren und sachlich argumentieren und die Umwelt und Bildung in keinem Geschäft ausser Acht lassen. Da sie noch anderes können als Standard-Allianzen, höre ich immer wieder, sie seien zu gemässigt. Ich schätze Mässigung im Sinne der Sache aber und finde, die Linke dürfte ruhig noch etwas mehr zur Machbarkeit tendieren ohne fatalistisch zu werden. (Aber das Problem der Pragmatischen habe ich ja schon bei den kantonalen Wahlen abgehandelt. Das Paradoxon bleibt.)
Am nächsten steht mir Evi Allemann, weil ich sie textlich durch den Wahlkampf begleite und aus 100 Gründen will, dass sie gut wiedergewählt wird. Danach kommt Nadine Masshardt, eine Frau, die sich als Grossrätin beweist und die für mich beim Generationenwechsel in der SP vorausgehen muss. Ursula Wyss tritt trotz jungen Jahren schon ihre dritte Legislatur an und ich fürchte den „Die-wird-sowieso-gewählt“-Effekt, der einige vom Kumulieren abhalten könnte. Das darf nicht sein. Wir müssen die, die wir brauchen, selber wählen.
In den Ständerat wähle ich wieder Simonetta Sommaruga. Ich war oft dankbar für ihre Voten und ihre parteiübergreifende Zusammenarbeit und viele Bürgerliche sind es auch. Denn dass der Kanton Bern erstmals eine SP-Ständerätin hat, das konnte und kann nicht die Linke allein erwirken.
Für den Nationalrat habe ich auch Männer panaschiert. Aber solange die Frauen noch eine politische Minderheit sind, brauchen sie Priorität.
Das Wahlcouvert
Das Kind und ich jubeln, wenn das Wahlcouvert kommt. Aber Vorsicht! Es darf daran nur die Perforierung geöffnet werden. Denn wer brieflich wählt, verwendet das gleiche Couvert, um seine wertvolle Stimme darin abzuschicken. Zum Beispiel wir.
Das Kind macht also das Couvert sorgfältig auf und stürzt sich dann auf das sogenannte „Propagandamaterial“. Dieses ist deutlich angeschrieben und extra in einem Plastik eingeschweisst, damit niemand es mit den amtlichen Wahlzetteln verwechselt. Denn das Wählen in der Schweiz erfordert bereits genug Fähigkeiten (Lesen) und Fertigkeiten (Perforierung), als dass man der Bürgerin und dem Bürger eine weitere Hürde (Unterscheiden) zumuten wollte.
Nachdem es die Prospekte ausgebreitet hat, veranstaltet das Kind mit mir eine Raterunde. Ich kriege maximal drei Sätze aus einem Wahlprospekt vorgelesen und rate, wer dahinter steckt. Wenn ich nicht alle Sätze brauche, bleiben mir nicht vorgelesenen als Joker für einen anderen Prospekt. Dieses Jahr bin ich leider reingefallen. Bei der Männerpartei. Dabei hat das Kind es mir leicht gemacht und ziemlich am Anfang gelesen. Doch ich dachte, das sei ein Witz. Deswegen habe ich alle meine Joker bei der Männerpartei beerdingt und verloren.
In einem Land mit Milizparalament und Milizarmee werden natürlich auch die Stimmen durch Bürgerinnen und Bürger gezählt, welche nach einem mir nicht bekannten Zufallsprinzip auserkoren werden. In meinem Wahlkreis gibt es dazu Orangensaft und ein Appenzeller Biberli. Von unserer Familie muss niemand zählen, was gut ist, denn bei Wahlen dauert das Zählen länger als bei Abstimmungen.
Die Nationalratswahlen sind auch heuer wieder von einer offiziellen Anleitung („Auf eine farbige Schweiz“) im Wahlcouvert begleitet, welche auch kulant an Schulen verteilt wurde (ich beige wacker hin und her).
Es ist ein Kinderspiel herauszufinden, was „Panaschieren“ und „Kumulieren“ heisst. Wann man darf und wann nicht ist etwas weniger augenfällig, aber man kann telefonieren. Dafür ist in der Regel selbständig zu ermitteln, wer politisch wo steht und wirkt. Bei den Bisherigen sowieso, aber auch bei den Neuen (jedenfalls den ernstzunehmenden). Dies weil viele von ihnen bereits in einem städtischen oder kantonalen Parlament sind.
In der ganzen Aufklärungskampagne unvermeidlich ist stets ein hässlicher Trickfilm. Den höre ich gern mit dem Kind in Rätoromanisch.
Und bald werd‘ ich fertig mit meiner Arbeit für diese Wahlen, dann gebe ich hier meine kurze Empfehlung ab. (Soll sich nur ja niemand wagen, sein Couvert schon vorher abzuschicken! Wählen soll man am Sonntag.)
Chönne vor Lache
[Achtung kleingeistig, kleinräumig.]
Wäre das Hauptthema meiner Supervision nicht Abgrenzung, hätte ich heute auf derlei (es waren mehrere) Artikel, die auch blogk meint, einen Leserbrief geschrieben. Der wäre ungefähr so gegangen:
Die liebste Medienpartei stellt erneut unseren Sinn für Humor auf die Probe! Die Partei, die jedes Vorurteil mit „wie man in den Wald ruft…“ begründet, die Partei, deren Vertreter Fuchs im Quartier gegen uns Tram-Befürworter hetzt, als wären wir für die kostenlose Kokainabgabe im Kindergarten, die Partei, die gedrillte Störer in unsere Veranstaltungen mit ausländischen Jugendlichen schickt, wo wir nur dank heilpädagogischer Vorkenntnis die Eskalation verhindern, diese Partei drückt nun also auf die Tränendrüse, weil’s zurückschallt aus dem Wald.
Ich bekämpfe Vandalismus, weil ich ihn verabscheue.
Die Bigotterie ebenso.
Zur Kur
Spätestens dann, wenn ich CMS für eine Parteienbezeichnung halte, nach Testkorrekturen ISO-Abkürzungen ins Notenfeld eintrage und die Personalentwicklung einem Softwaremenschen anvertrauen möchte, ist die Zeit der Erkenntnis gekommen:
Ich kriege das alles nicht mehr aufgefädelt.
Nicht nur organisatorische und gesundheitliche, nein, auch rein ästhetischen Gründe sprechen dafür! Um meine Augenringe von einem schwarzen Grundton auf ein leichtes Lila zu kurieren, melde ich mich für diese Woche vom Internet ab, auch hie und da und dort.
Nachtaktiv: Eine Streifenkopie