Mehr Anforderung als Aufforderung. Diese Kampagne plakatiert mir zu „gut gemeint“.
Kategorie: Leben daneben
Ausserschulisches und Vermischtes
Aufstand heute
+ ‘Rassen’ + psychische Merkmale + kulturelle Merkmale + körperliche Merkmale + Stigmatisierung + Schuldzuweisung + Fremdenfeindlichkeit + Diskriminierung + Ausländerfeindlichkeit + Verschwörungswahn + religiöse Zugehörigkeit + Sündenbock immer + immer + immer + immer + immer + immer + immer + wieder +
Demokratie, Strafrecht und Bildung ermöglichen Prävention und gewährleisten Ahndung.
Und Wachsamkeit. Auch gegenüber denen, die den Staat verhöhnen und aushöhlen.
Aufstand einst
When Momma Parks sat down,
The whole world stood up,
What’s good for one is good for all,
It’s good for all of us.
Quelle und weiter lesen bei Liisa.
The Politics of Bones
Wole Soyinkas Einsatz in Australien hat nichts genützt und Ken Saro Wiwa wurde der erste Autor in meinem Buchhändlerinnen-Leben, der ungeachtet aller Proteste und zusammen mit anderen hingereichtet wurde. Seiner Meinung, von Staates und des Öles wegen.
Ich war perplex. Dabei hatte ich das Gemetzel in Ruanda mitverfolgt, weil ich zu der Zeit aus diesem Land viele und gute Buchkunden betreute. Die Ausländer unter ihnen wurden gerade noch rechtzeitig ausgeflogen, die Einheimischen kamen als Intellektuelle zuerst unter die Macheten. Ich hätte es also besser wissen sollen, so läuft das halt, mal so, mal so, egal wo. Mal die Autoren und dann die Bücher, mal die Bücher zuerst und danach die Autoren, Leser, die Zeitungen, die Journalisten, Hauptsache jeder Mund tot. Auf der neuen Rangliste der Pressefreiheit liegt Ruanda allerdings auf Rang 122, während sich Nigeria mit 123 begnügen muss.
Um auf Wole Soyinka (übrigens auch ein Nobelpreisträger, auf dessen Ehrung viele mit Schimpf und Schande reagierten), zurückzukommen:
Er ist erneut für seinen Landsmann in Australien. Dieses Mal, um im Rahmen der Erinnerungsveranstaltungen Ken Saro Wiwas Gedichte zu lesen.
Also, falls jemand heute in Sydney oder am 9. November in London ist, möge er doch für mich hingehen. Ich glaube, der Andrang wird so gross nicht sein.
Buchlektüre: Politics of Bones
Netzlektüre: International PEN
Denklektüre: Mobile und Gestrandete
Antiautoritäre Erziehung
Heute war ein richtiger Sonntag. Das Kind zu Gast in einer Fischerhütte in der Rewag an der Aare, die Mutter daheim beim herbstlichen Treatment von Balkon und Winterbekleidung, der Vater bei der ehrenamtlichen Arbeit. Ein idealer Tag, um über Erziehung nachzudenken.
Gleichzeitig baue ich eine alte Pendenz ab und schaffe mir mit diesem Eintrag einen URL, der mich für alle Zeiten von Stellungnahmen zur antiautoritären Erziehung entbinden soll.
[Räusper]
Ich habe Neills Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung als Teenagerin und noch einmal während der Schwangerschaft gelesen. Wann und wie aufmerksam ich seine anderen Werke gelesen habe, weiss ich nicht mehr genau. Ich kann also kaum als seine Jüngerin bezeichnet werden.
Ich halte mich in diesem Fall gern stur an die Primärliteratur, die Sekundärliteratur und die Debatten über die pädagogisch-wissenschaftliche Zuordnung Neills haben mich nie interessiert. Neills Werk ist differenziert und – kleiner zwar als beispielsweise das von Montessori oder Steiner sowieso – umfassend genug.
Um mit Gerüchten aufzuräumen:
Antiautoritäre Erziehung heisst akzeptieren, dass jeder Mensch von Geburt an der Experte für seine Gefühle und Bedürfnisse ist. Nichts anderes.
Nein, antiautoritäre Erziehung erlaubt nicht, dass man Menschen, die einen kritisieren, Honig über den Kopf leert (die Geschichte gibt es in 1000 Abwandlungen, ich verzichte darauf, sie hier zu erzählen).
Nein, antiautoritäre Erziehung propagiert nicht die Untätigkeit Erwachsener. Im Gegenteil, sie gibt viel zu tun, erfordert Kommunikationsfähigkeit, Basisdemokratie, permanente Argumentation und Reflexion.
Nein, Neill unterstützte nicht den Eklektizismus pädagogischer Prinzipien, im Gegenteil. Er zeigte an Fallbeispielen, dass antiautoritär und autoritär erzogene Kinder in der Schule nur in kleinen Dosen zu mischen sind. Er sah hier die Grenzen der antiautoritären Erziehung, solange sie nicht von einer Mehrheit praktiziert wird (was die Honig-über-den-Kopf-Geschichtenerzähler inzwischen getrost ausschliessen können).
Ich verteidige diese Erziehungsform und versuche sie im elterlichen Alltag zu verwirklichen. Nein, ich denke deswegen nicht, dass mein Kind besser ist, jedenfalls denke ich das nicht öfter, als alle anderen Eltern. Nein, ich denke deswegen auch nicht, dass die Pubertät einfacher wird und auch nicht, dass ich die beste Freundin vom Kind bin. Ich weiss, dass ich seine Mutter bin.
Freiheit heisst, tun und lassen zu können, was man mag, solange die Freiheit der anderen nicht beeinträchtigt wird. Das Ergebnis ist Selbstdisziplin.
Das schrieb Neill in meinem Geburtsjahr. Meine Eltern haben es versucht so gut das eben ging, die eigenen Erfahrungen und die Umstände lösen sich ja nicht einfach in Luft auf. Ich bin ein disziplinierter Mensch geworden und fühle mich weniger eingeschränkt als viele meiner Mitmenschen, für die schon Arbeiten einen Zwang darstellt.
Vgl. Summerhill-Pädagogik Abschnitt 6.4: Freiheit versus Zügellosigkeit, Summerhill heute wie auch Literatur von und über A.S. Neill (via Wikipedia)
Danke für die Aufmerksamkeit.
In Ruhe
RAPPELEZ-VOUS DE CELUI
QUI SACRIFIA TOUT POUR
LA LIBERTE DE SON PAYS.
Das ist, was auf Bakunins Grab steht. Und nicht, wie oft zitiert: „Erinnert euch an den, der sein ganzes Leben eures verbessern wollte.“
Es ist ein entgegenkommender Ort, der lange Sonne hat. Heute stand ein gelber Gartenstuhl im farbigen Laub vor dem grossen, unbehauenen Grabstein. Ich nahm die Einladung an und las ein ganzes Buch über Kunst. Über ein Bild, das ich zuvor endlich wieder besucht hatte: Ferdinand Hodler, Aufstieg und Absturz.
Tischgespräch [2]
Mutter:
Vor einer Stunde wurde der Literaturnobelpreisträger bekannt gegeben.
Kind:
Ist das der, der am meisten Geld bekommt von allen Autoren?
Mutter:
Ja, dies ist der Preis, der am meisten einschenkt, über eine Million. Der Sinn davon ist, dass der Autor dann eine Weile in Ruhe und ohne Geldsorgen schreiben kann.
Kind:
Und, wer hat ihn bekommen?
Mutter:
Harold Pinter, ein Engländer.
Kind:
Aber wie konnte er sich nur gegen Rowling durchsetzen?!
Mutter:
Ach, darauf kommt es nicht an bei diesem Preis, das funktioniert nicht wie die Miss-Wahl. Da muss man einfach jahrelang gut und engagiert schreiben und das Nobelpreiskomitee, das dann definitiv auswählt, muss auf einen aufmerksam werden, weil man die Menschheit weiterbringt.
Kind:
Aha. Dann ist der Literaturnobelpreis wie wenn man Fussballweltmeister wird. Man kickt irgendwo zwischen Armenhäusern wie Zinedine und wird plötzlich entdeckt. Aber bis man den WM-Titel hat, muss man viele Vorrunden spielen und erst noch in den Final kommen. Und wenn man gewinnt, findet einen die ganze Welt supergut.
Mutter:
Ja, das trifft das Verfahren ziemlich genau.
Kind:
Ich räume ab und geh‘ wieder Fussball spielen.
Hallo, wir haben ein Gesetz!?
In der Schweiz ist der Souverän ja heilig. Und der hat am 25. September 1994 gesprochen. Seither haben wir ein Antirassismusgesetz, eine Eidgenössische Kommission gegen Rassismus mit zugänglichen Berichten, die für alle, die nicht lesen (können), auch im Fernsehen erzählt werden. Ich erwarte, dass unsere Gesetze eingehalten werden, solange sie nicht auf demokratischem Wege geändert worden sind. Das gilt auch für die Behörden.
Seit den „Unheimlichen Patrioten“ (so hiess die alte Auflage im Limmat Verlag, die neue heisst: „Rechte Seilschaften“ im Rotpunktverlag) haben viele immer wieder auf die Verharmlosung des Rechtsradikalismus aufmerksam gemacht. Wir hätten mit dem Antirassismusgesetz eine Grundlage, die Belagerung zu stoppen. Statt dessen haben wir mehr Aufmärsche als je zuvor, seit ich mich erinnern kann. Ich verlinke nichts, denn das Ranking ist ohnehin von den Braunen besetzt.
Weiter lesen und hören:
Rechtsradikalimus: Trend zur Verharmlosung?
Der PNOSBLOGGER (schreibt nur, wenn’s etwas über die PNOS gibt, akribische Auseinandersetzung).
CDs verteilen auf Schulhöfen, nicht nur ein schweizer Problem.
Laufende Artikelsammlung. (Auswahlkriterien unklar, aber aktuell und brauchbar.)
Schweizer Politik 1990 bis 2001. Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse und Entscheidungen (well done von unserer Uni).
Entwicklung in Europa.
Zuletzt noch ein Zitat des Psychiaters und Gerichtsgutachters Andreas Marneros (SPIEGEL Nr. 41, S. 79), weil dem auch für die Schweiz nichts hinzuzufügen ist:
Ich arbeite seit 25 Jahren als Gutachter für deutsche Gerichte, in 80 Prozent der Fälle sind die Opfer von rechtsradikalen Gewalttätern Deutsche. (…) Leider werden bei uns die meisten Taten nur dann als rechtsextremistisch beurteilt, wenn die Opfer Ausländer oder Juden sind. Daher ist die öffentliche Nichtwahrnehmung von solchen Taten oft gross. Gegen rechtsextremistische Gewalt zu sein sollte nicht bloss ein Gebot demokratischen Denkens sein – es ist auch eine Sache des Selbstschutzes. (…) Ich wünsche mir eine stärkere Ausschöpfung der gesetzlichen Rahmen, eine sparsamere Anwendung von Bewährungsstrafen. Meine Gespräche mit rechten Gewalttätern haben gezeigt, dass sie eine Bewährungsstrafe als Freispruch empfinden.
kein Friedensnobelpreis
Ich bedauere, dass sich das Nobelpreiskomitee immer an den Grundsatz hält, dort zu verteilen, wo die Hebel PR-technisch am längsten sind und nicht dort, wo am eindeutigsten Friedensarbeit geleistet wird. Ich hoffe, dass die 1000 PeaceWomen Across the Globe in der Ehrungs-Pipeline bleiben. Denn diese 1000 Frauen sind des Friedens Zuträgerinnen. Und viele, die täglich unbemerkt Konflikte lösen und ohne Ruhm und Ehre bleiben, hätten sich von ihnen vertreten gefühlt.
Aber Nobelpreise sind nur ausnahmsweise Frauensache, der Nobelpreis wurde ersonnen, als es Frauen noch kaum in den Sinn kam, durch preiswürdige Tätgikeiten aufzufallen. Gerade in diesem Jahr aber setzte das neue Nobel Peace Center Themen, die Frauen und Bildungsanliegen Gewicht verleihen. Es wäre also passend gewesen, dies auch mit der Preisvergabe zu tun.
Leider wird die Jelinek-Quote für den Literaturnobelpreis auch noch manches Jahr vorhalten müssen. Ach, gebt den diesjährigen doch dem Roth, mit ihm wäre man auf der sicheren Seite. Man ehrte die amerikanische Literatur aber nicht Bush, und er erfindet ja auch ganz nette Frauenfiguren.
Sicher ist nur eines:
There’s a long way to go, sista.
ein Friedensnobelpreis
Ich wollte nichts zum Friedensnobelpreis schreiben, weil ich zuerst dieses Buch lesen musste, danke der Nachfragen! Die in der Regel oberflächliche Berichterstattung über die Arbeit und Leistung der Uno hat mich zur Lektüre getrieben (den gedruckten SPIEGEL nehme ich aus). Und andere haben ja die Kehrseite auch ausführlich beleuchtet.
Meine Meinung dazu ist marginal. Ich freue mich, dass die Uno erneut vom Nobelpreiskomitee gestärkt wird, denn ich gehöre zu denen, die um ihre Existenz fürchten und ihren Einfluss mit Schrecken schwinden sehen.
Das Buch ist sehr zu empfehlen (hier am Lager). Ich entnahm ihm „den Stand der Dinge“ viel einfacher als den Internetsites. Ich zitiere in Sachen A-Waffen:
(…) Übereinkommen (…) strebten die Weltmächte vor allem dann an, wenn es um ihr gemeinsames Interesse daran ging, den eigenen Rüstungsvorsprung gegenüber anderen Staaten zu konservieren und zugleich deren Zustimmung dazu sicherzustellen.
Einen Paradefall dafür stellt der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) dar, der am 5. März 1970 in Kraft trat. (…) Dem NVV gehören gegenwärtig 187 Mitglieder an. Nicht zu den Vertragsstaaten zählen allerding mit Indien, Pakistan und Israel mindesten drei Staaten, die als inoffizielle Kernwaffenbesitzer gelten. Auch unter den Mitgliedern befinden sich, nachdem Lybien und der Irak ihre Atomrüstung inzwischen einstellten, mit Nordkorea und dem Iran immer noch mindestens zwei Länder, deren Regierungen im Verdacht stehen, an heimlichen Atomwaffenprogrammen zu arbeiten.