Durch Austausch, Übungen, Selbstversuche und Artikel habe ich seit letztem Donnerstag ziemlich viel Neues über die biologischen und psychologischen Grundlagen des Lernens erfahren, kann es mir merken und will es anwenden. Mal sehen.
Bleibenden Eindruck hinterlassen natürlich Selbstversuche:
Biorhythmus: Das Gedächtnis funktioniert nicht immer gleich (gut). Habe ich ausprobiert, indem ich eine Übung zu verschiedenen Tageszeiten wiederholt habe. Sich zehn gesprochene deutsche Nomen merken, sich zehn geschriebene deutsche Nomen merken, sich zehn visualisierte deutsche Nomen merken. Und zwar über eine Minute nach Aufzählung und teils mit Ablenkung (Rechnungen, Schwatzen).
Es gibt verschiedene Lerntypen, nicht alle sprechen auf alle Eingangskanäle gleich gut an. Aber die meisten können sich Visualisiertes besser merken. Ich selber hatte im obigen Versuch identische Erfolgsquoten, egal ob ich die zehn Wörter gehört, gelesen oder als Symbol gesehen hatte, ich konnte mir gleich viele Wörter merken.
Kurzzeitgedächtnis: Widersprüchliche Daten behindern das Verständnis auf der ersten Stufe. Jetzt habe ich endlich die Erklärung dafür, warum Lernende keine unterschiedlichen Lösungswege aufgezeigt kriegen wollen. Das ist von den Nachhilfestunden, die ich Erstklässlern gebe, bis zu den Lehrlingen genau gleich. Sehr interessant.
Versuch (1:1 aus dem Kurs übernommen) mit Mann und Viertklässler-Kind um 20:30 Uhr:
„Ich sage euch jetzt 10 Wörter und wir gucken, wie viele ihr euch merken könnt. Nach den Wörtern sage ich euch noch eine kurze Kettenrechnung, danach bleiben wir eine halbe Minute ruhig und dann schreibt ihr auf, was ihr (noch) wisst. Let’s go:
Fuss, Strumpf, Leiter, Uniform, Teufel, Bierglas, Krone, Fensterladen, Nadel, Deich.
Rechung: 22 x 5 = ? / davon 1/5 = ? / verdopple = ?“
… 1/2 Minute warten,
„… aufschreiben.“
Ergebnis: Beide hatten richtig gerechnet, der Mann konnte sich neun Wörter merken, das Kind sechs. Der Mann hat Geschichten gemacht und möglichst viele Wörter darin untergebracht („der Tschugger in Uniform trinkt in der Krone aus dem Bierglas“ u.s.w.), das Kind hat die Wörter nach „Takt“ (also Silbenanzahl) geordnet und sie so oft wie möglich wiederholt. Allerdings hat das Kind während des Versuchs ständig geredet „Teich oder Deich? “ und „soll ich die ganze Rechnung aufschreiben?“ und „wie viele Wörter hat der Bap schon?“. Der Teufel ist dem Mann entgangen, beim Kind stand er zuerst auf der Liste.
Die Vorgänge, Bedingungen und Schlussfolgerungen ausgezeichnet beschrieben hat Wolfgang Pohl, auch wenn mir als Pedantin ein paar Quellen fehlen.
Wenn durch diese Versuche euer Unterrichtsstoff zum Biorhythmus und zur psychologischen Erklärung des Memorierens nicht genügend reflektiert wird, muss ich wohl Dorsch Psychologisches Wörterbuch fragen, was genau also Reflektieren bedeutet.
Teufel war übrigens auf meiner Liste ebenfalls an erster Stelle, damit nun auch die Reflektion der Reflektion noch reflektiert ist.
Du sagst es!
Endlich doch noch die Definition aus Dorsch zu Reflexion:
Neben der physischen Wortbedeutung für das Zurückwerfen von Wellenbewegungen bezeichnet Reflexion vor allem das „Sich-Zurückwenden“ des Denkens und des Bewusstseins auf sich selbst. Allgemein hat Reflexion die Tendenz des Sich-Innewerdens; sofern es auf das Denken bezogen wird, besteht die Definition von Aristoteles zu Recht, nach der Reflexion das Wissen vom Wissen erstrebe.
Hoffe, deine LehrerInnen schätzen deine ausführlichen Reflexionen!
oh, vielen Dank, das ist ja perfekt und hilft echt. Ist auch etwas für in den Köcher, wenn man gerne jemandem „unreflektierte“ Argumentation vorwerfen möchte.