Auch wenn es Freunde und Feinde gibt, die mir anderes attestieren, beeinflusse ich die Entwicklung des Schweizer Buchhandels nur im Promillebereich. Denn bis das, was ich gelehrt oder reformiert habe, umgesetzt wird, dauert es. Natürlich kann’s vorkommen, dass eine Lehrmeisterin mir erzählt, sie habe die neuen Tragtaschen nun mit der Telefonnummer bedruckt, weil ihre Lernenden gesagt habe, ich hätte das gesagt. Oder jemand berichtet von einer verwirklichten Schaufensteridee, die in meinem Unterricht entstanden ist oder von einer Reklamation mit positiver Wende, dank meinem Drill (Ausreden lassen * Entschuldigen * Solidarisieren * Lösung anbieten * Amen).
Mir steht auch selten der Sinn danach, dem Buchhandel Ratschläge zu erteilen. Das kann man ohnehin seriös nur für einzelne Betriebe tun, die man sehr gut kennt.
In den Schulferien, die nun zu Ende gehen, habe ich knapp 20 Buchhandlungen besucht und dabei ist mir etwas mehr denn je aufgefallen: Es gibt sehr wenig frei stehende Buchhändlerinnen und Buchhändler in den Läden, egal ob gross oder klein (die Läden). Der überwiegende Teil der Buchhändlerinnen und Buchhändler befindet sich hinter Bildschirmen. Da der PC das wichtigste Arbeitsinstrument ist, ist das nicht erstaunlich. Aber wer am PC arbeitet, wirkt sehr absorbiert, weg, beschäftigt. Das schmälert die positive Wirkung eines echten Ladens mit Büchern zum Anfassen und mit echten Menschen. Doch ihre reale Existenz ist der erste und letzte Pluspunkt einer zeitgenössischen Buchhandlung.
Ich habe keine Lösung. Ich weiss, dass einige Buchhandlungen schon versucht haben, die Bildschirme den Kunden zuzudrehen, das aber wieder einstellen mussten, weil es eben nicht in jedem Fall gut ist, wenn jeder sieht, was auf dem Bildschirm passiert, vor allem nicht, wenn man dort auch Bestellungen aufnimmt oder Kundendaten abruft. Nur noch Buchhandlungen ohne Warenwirtschaftssystem können im Laden vorwiegend ohne PC arbeiten, und die sind eine aussterbende Spezies. (Das sind die, die auswenig wissen, welche Titel am Lager sind und wo diese stehen und die ein manuelles System für das Registrieren der Verkäufe haben. Solche „Ineffizienz“ ist ab einer gewissen Sortimentsbreite nicht mehr finanzierbar.)
Der Konflikt zwischen der notwendigen vollen Präsenz für die Kundinnen und Kunden und der notwendigen buchhänderlischen Arbeit am PC wird unsere Branche sicher noch beschäftigen. Denn die heutige Kundin will in der Buchhandlung nicht auch noch Leute hinter dem Computer hervorholen müssen. Das tut sie schon in der Partnerschaft, in der Familie, im Büro und an jedem Empfang, egal ob Steuerbehörde, Spital oder Hotel.