Ich komme zu nix

Im Moment schaffe ich es einfach kaum, etwas zu beenden. Alles bleibt angefangen, weil mir entweder die Zeit ausgeht oder die Entscheidungen und Zusagen Dritter fehlen, um den nächsten Schritt machen zu können. Auch wenn ich das im Voraus wusste – es steht vieles an, das zum ersten Mal gemacht wird – ist das unbefriedigend.
Vielleicht sollte ich einfach jeden Abend so lange meditieren, bis ich mit dem wenigen, was gemacht ist, glücklich bin. Aber dann muss das jemand anderes ausbaden, der vielleicht nicht meditiert.
Soviel zum Wintereinbruch.

Beherzigte Ratschläge

  • Mehr an die Sonne („du bist so blass“): Vier Tage strahlendes Camarguewetter und zwei Tage Wandern.
  • Eine Sache nach der anderen machen (sagen alle): Ich habe mich in genau dieser Manier der Beigen angenommen und bin nun bereit für die kommenden.
  • Täglich den Nacken dehnen (rät der Chiro): In den letzten acht Wochen habe ich es nur drei Mal vergessen.
  • Dazulernen in der unterrichtsfreien Zeit (wird von Lehrerinnen erwartet): Ich habe ordentlich Französisch gelernt und mir auf dem Handy mit Flashcards ein persönliches Themen-Vocabulaire angelegt.
  • Mehr Zeit für Freundinnen (empfehlen Freundinnen): Ich habe in den letzten drei Wochen wohl so viel und ziellos gequatscht wie im ganzen Jahr zuvor nicht.
  • Nun breche ich auf mit unserer Zweitlehrjahrs-Schar an die Buchmesse. Dieses Jahr mit dem Car. Das begeistert mich nur mässig, ist aber billiger. Und für einmal genügend Gepäck hin- und vor allem zurücknehmen zu können hat schon Vorteile.

    Herbstzeit, Wanderzeit

    Am Samstag sind wir bei perfektem Wander- und Jagdwetter auf der Engstligenalp gestartet, um über den Chindbettipass zum Daubensee auf die Gemmi zu laufen, eine Route, die schon manchen Wanderfreund erfreut hat.
    Blick zurück ins Tal
    Am Tschingellochtighore
    Die Übernachtung auf der Gemmi und Sprachgrenze – mit Jassen in Französisch und Einfränklern zum Duschen – sorgte für Berghüttengefühle. Zum Abstieg vom Gemmipass über Sunnbühl nach Kandersteg begleiteten uns Regenwolken, die sich jedoch freundlich zurückhielten. Der Ausklang beim währschaften Zmittag war perfekt, denn das Essen ist neben den Schuhen beim Wandern das Wichtigste.

    Wandeln oder weichen

    Inserat Wandeln oder weichen aus Buchreport
    Ich wusste ja, dass Lyssa heute CEO von SPON ist und finde ihren Weg seit jeher beeindruckend und adorabel. Nur jetzt, wo sie mir in der buchhändlerischen Fachpresse begegnet, ist es merkwürdig. Wenn ich jemanden über Jahre via Blog zu kennen meine, mit Hund und als geachtete Trauzeugin und also von verschiedener Seite, dann ist die Arbeitspersönlichkeit gewöhnungsbedürftig.
    Nebenwirkungen einer Dekade virtuellen Lebens. Panta rhei.

    Viele sagen,

    ich hätte schwarze Ringe unter den Augen, was stimmt. Ich hatte Messedienst an der BAM. Es ist immer wieder schön mit den Achtklässlern über ihre Berufswünsche zu reden. Mit den Eltern ist es schwieriger, sie sprechen ständig für ihre Kinder. Es ist nicht leicht, das als Elter zu unterlassen, aber man muss es trotzdem.
    Der erste Pegasus des Schuljahres steht kurz vor dem GzD und ich habe noch ein paar Mappen Französischaufgaben. Also wahrlich mehr Nachtarbeit, als der Teint über Vierzigjähriger erträgt. Es ist beachtlich, was die Franzosen an Frankreichkenntnis verlangen, um ein klitzekleines Diplom auszuhändigen. Von der Wiedereingliederung von Kindersoldaten über französische Regisseure und schwer momorisierbare Abkürzungen für ehemalige Kolonien und das Baguette-Mass sollte einem alles geläufig sein. Ich befürchte ehrlich, dass ich das nicht schaffe und habe mich deshalb noch nicht für die Prüfung angemeldet.
    Gestern reduzierte ich meinen Schlaf noch mit etwas anderem: Erstens weil’s eine späte Vorstellung und zweitens weil’s eine anstrengende Erinnerung war: Meine keine Familie.

    Alltagsgedanken

    Ich bin erleichtert, dass dieses Schwingfest nun vorbei ist. Die Bullen in Form von Tier und Mensch neben den aufgereihten syrischen Kinderleichen in der Tagespresse waren schwer zu ertragen.
    Das Interview von Malbrunot mit Assad, das am 2. September geführt wurde und heute auch in deutschsprachigen Zeitungen erscheint und die politischen Diskussionen in Frankreich, England und den USA sind wohl ein Fortschritt, gegenüber der Zeit vor dem letzten Irakkrieg. Aber vielleicht scheint das auch nur so, weil jüngere Eliteuniversitätsabsolventen als Regierungschefs anders auftreten und sich ihrer Wirkung bewusster sind.
    Mein Leben ist relativ ruhig. Die Arbeit läuft, die Familie ist gesund und der kleine Sohn unserer Französischlehrerin, um den wir letzte Nacht ziemlich bangten, scheint sich von der Blutvergiftung zu erholen.
    Am Morgen brauche ich jetzt ein Daunengilet.
    Es ist Herbst.

    Swing low

    Am Dienstag war ich an einer sehr schönen Abdankung. Es braucht viel, dass alles stimmt, aber manchmal gelingt es. Es sang ein Chor, in dem die Verstorbene auch gesungen hatte, der Witwer reihte sich ein. Die Musiker unter den Familienmitgliedern begleiteten uns bei weiteren Liedern, das Trostlied war leicht zu lernen und wurde von allen gut aufgenommen und gern wiederholt. Die Leute, die über die Verstobene sprachen taten dies mit Respekt und Witz; die Trauergemeinde lahcte viel.
    Am Mittwoch feierten wir unter Frauen den Geburtstag einer Freundin auf dem Land. Ich brauchte etwas lange, um anzukommen, denn ich verfuhr mich völlig, es ist wenig angeschrieben auf dem Land in der Schweiz. Eine Bauersfrau in einem Weiler riet mir dringend umzukehren, obwohl mein Ziel wohl nur noch wenige Kilometer Luftlinie entfernt hinter dem Wald lag. Sie sei seit jeher hier, nehme aber auch immer den längeren Weg über die Hauptstrasse, wenn man sich einmal im Forst verirre, sei man eine Nacht damit „vertöörlet“ wieder rauszukommen.
    Und heute besuchte ich seit langem wieder einmal eine Lesung. Ich hatte die Biografie über Mani Matter im Sommer mit Begeisterung gelesen. Und ich war überrascht und beeindruckt, wie gut die Vielfalt Matters Wesens und Schaffens auch in dieser musikalischen Lesung zur Geltung kam. Wir sassen auf roten Holzklappstühlen, wie ich in den Siebzigerjahren einen in meinem Zimmer hatte, und unterhielten uns prächtig mit dem Autoren und dem alten Troubadouren. Danach räumte das Publikum gemeinsam die Stühle weg, damit das Buchhändler-Ehepaar den Apéro auftischen konnte. Es war ein erbaulicher, origineller Abend – ich bin froh, sind unabhängige Buchhandlungen noch nicht ganz verschwunden, nur sie machen das möglich.