Klammerbemerkung

Im Moment habe ich viel Schreib- und Korrekturarbeit und komme bedauerlicherweise nicht zum Bloggen. Als Notiz für mich selbst (und nicht etwa als Klage) hier die Liste:
Korrigieren und benoten:

  • Noch 80 Seiten bis morgen
  • Gegenlesen und korrigieren:

  • Die Semesterarbeit vom Kind bis heute.
  • Eine Hausarbeit aus dem Studium einer Kollegin bis morgen.
  • Den Entwurf einer Bildungsverordnung eines verwandten Berufes bis Freitag.
  • Ein Kapitel für ein neues Lehrmittel innerhalb Wochenfrist.
  • Vier interne Lehrpläne bis Ende Monat.
  • Schreiben:

  • Ein Editorial bis vergangenen Freitag.
  • Eine Seite (Argumentarium) eines Antrages ans BBT bis 26. Januar.
  • Zwei Nachholtests bis morgen.
  • Zwei interne Lehrpläne bis Ende Monat.
  • Zwei FAQ mit Antworten bis morgen.
  • Einen Antrag für Betreuungszulagen – seit neun Jahren unbemerkt bezugsberechtigt – jetzt.
  • Erziehungsalltag

    Gestern hatte ich zwischen meiner letzten beruflichen und meiner ersten ehrenamtlichen Sitzung am Abend eine Stunde Zeit für das Kind. Wir hätten dringend Hausaufgaben und Essen machen sollen. Statt dessen führten wir eine heftige Wertediskussion.
    Ausgangslage: Ich gelte als stur, was bewegte Bilder angeht. Das Kind darf Filme und Games nur gemäss (schweizerischer) Altersbeschränkung oder vorheriger Prüfung durch Elternteil. Dafür darf es alle Bücher und alle Musik und ziemlich viel Internet. Ich mische mich lediglich kältetechnisch in die Mode ein und halte keine Predigten über Handyrechnungen oder Computerzeiten, denn das regeln wir im Moment noch elektronisch. Hingegen dulde ich keine Kids in Tarnkleidung in meiner Wohnung und konfisziere alle Handys in meiner Nähe, die für Filmchen benutzt werden, welche nicht meinen Moralvorstellungen entsprechen.
    Die Diskussion war sehr anregend, zuerst war Angriff (gegenseitig), danach kamen die Überzeugungsversuche und dann das Verpfänden: „Ich höre diese Musik nicht mehr, die du ungesund findest zum Einschlafen, dafür darf ich dieses Game spielen.“ Wie gesagt, wir diskutierten, zu Verhandlungen kam es jedoch nicht. Ich gebe mässig Regeln vor und die, die ich habe, verteidige ich ausgesprochen intolerant. Aber mir ist klar, dass ein Verbot keine gewonnene Debatte ist und mir blieb ein schales Gefühl, als ich das Kind mit Abendessen-Auftrag zurück liess und an die Vereinssitzung raste (bei der es übrigens mit der Wertediskussion gerade weiterging. Hallenbadbenutzung durch Musliminnen war das Thema, aber das ist eine andere Geschichte).
    Heute dann ging es dem Kind um die Berechtigung, demnächst „Once Upon a Time in the West“ (ab 16) zu schauen. Ich neigte zum Verbot, der Vater zur Erlaubnis, weil wir den Film beide kennen. Wir entschlossen uns also, Anfang und Ursprung der Geschichte zu erzählen. Remember? Eine Familie wird überfallen, alle getötet, vom Anführer dann sogar das kleinste Kind. Der Ursprung der Handlung kommt im Film als Rückblende: Vom selben Anführer wurde ein grosser Bruder dem kleinen Bruder gefesselt und mit der Schlinge um den Hals auf die Schultern gestellt. Der Grosse lebte nur so lange, wie der Kleine Kraft hatte.
    Das Kind hörte zu. „Der kleine Bruder ist die Hauptfigur und er wird alle rächen, wenn er gross ist.“ Das sei eben ein sehr guter Film.

    Immer wenn ich denke…

    … es gehe nicht mehr, kommt von irgendwo eine Ermahung her (die mich daran erinnert, dass ich wirklich nur Luxusprobleme habe).

    Heute ist zweite Schultag, es ist richtig kalt bis -17 Grad sogar. Im Moment haben wir noch Heizung und hoffen, dass die Russen doch vernunftig werden und Gas wieder laufen lassen. Unsere Gasleitung kommt von Russland uber Ukraine… Bosnien, Serbien, Bulgarien frieren leider schon und weil wir etwas Reserven haben frieren wir noch nicht. Wir sind am Holzofen und am Holz besorgen, weil wir fast alle Gasheizung haben und hoffen doch, dass das Schlimmste nicht passiert. Viele Firmen mussten schliessen, und die Schulen mussen ev. auch und doch hoffen wir, dass sie bald Losung finden.

    [Nachricht einer kroatischen Freundin aus einem Internetcafé.]

    1. Weihnachtsgeschäft (2008)

    Auch dieses Jahr habe ich beim ersten Lehrjahr wieder gefragt, was die Tops und Flops im Weihnachtsgeschäft gewesen seien (ich will schliesslich einen lückenlosen Datenstrang).
    Die Praxisorientierung des Unterrichts ist mir wichtig, und die Erlebnisse aus der Weihnachtszeit sind besonders gute Aufhänger für Verkaufskunde. Klar, ich muss das anders vorbereiten, als wenn ich nach Buch Verkauf unterrichte. Ich kann in einer solchen Stunde nicht einfach sagen: „Bramann, Kapitel 3.15 – nun lesen Sie mal und fassen Sie in Partnerarbeit zusammen“ etc. Dafür machen die Klassen meistens besser mit, weil’s halt interessanter ist (oder „bedeutsamer“, wie man in der Lehrerfortbildung gerne sagt).
    Jedenfalls krieche ich dann einen Abend auf dem Boden herum und ordne die Kärtchen, die mir die frischen Buchhandelsleute mit Freuden und Leiden beschrieben haben.
    Karten mit Erlebnissen aus dem Weihnacthsgeschäft 2008
    Danach mache ich Stapel nach Themen und picke die repräsentativsten Beispiele und Formulierungen heraus. Manches kommt alle Jahre wieder und dennoch sind jedes Mal brandneue Erlebnisse dabei:
    Ergebnisse 1. Lehrjahr A 2008
    Ergebnisse 1. Lehrjahr B 2008

    Recorded in Chicago (forty-five years ago)

    Homesick James, Blues On The South Side 1964, LP remastered 1990 by Fantasy Studios, Berkeley

    Ich empfehle selten Musik, aber die Bottleneck Guitar sollte sich keiner entgehen lassen. Denn sie erzählt Geschichten. Wer Homesick James auf dieser Platte hört, versteht, weshalb die Menschen im Grant Park und auf der ganzen Welt weinten in der Wahlnacht.
    „Recorded in Chicago (forty-five years ago)“ weiterlesen

    Umgekehrte isländische Notation

    Wenn ich als Privatperson eine mir noch unbekannte andere Privatperson anrufe, sage ich meinen Namen und liefere dann den Kontext nach. Aber in meinem Leben als Mutter rufen mich immer wieder Mütter an, die sich kürzer fassen: „Hallo, hie isch ds Mami vom Cyrill.“
    Bei mir hinterlässt diese Begrüssung das ungute Gefühl, nicht zu wissen, mit wem ich telefoniere. Ich kann diese Person ja dann auch während des Telefonats nicht richtig ansprechen, weil „Mami von…“ kein Name und mir unklar ist, ob ich „du“ oder „Sie“ sagen soll.
    Sie hingegen finden es ausreichend, sich nach ihren Kindern zu nennen.

    Bücherschäden

    Ich kann mich an kein Buch erinnern, welches ich in meiner Laufbahn als Buchhändlerin zerstört hätte. Mir fallen Bücher nicht auf den Boden, ich kann blättern ohne zu knicken und querlesen ohne zu knacksen. Im Gegenteil, ich habe eine Menge Bücher geflickt. Eingestossene Ecken sorgfältig wieder in die richtige Position zu hämmern, war zu meiner Zeit Lehrlingsarbeit. Auch das Putzen laminierter Einbände mit Benzin und das Abschmirgeln schmutziger Unterschnitte mit Schmirgelpapier gehörte dazu. Das Abstauben mit dem Pinsel sowieso.
    Aber ich gestehe es: Privat habe ich kaum ein liebes Buch, das keinen Schaden aufweist. Die meisten sind aussen schmutzig und haben Kratzer, weil ich sie herumschleppe. Fast alle haben irgendwo eine geknickte Seite, weil ich sie in der Tasche mittrage, in die ich auch Schulsachen und Einkäufe pferche. Und die Flecken auf dem Papier erzählen bunte Geschichten von Kleinkindern auf den Knien.

    Heute im leeren Schulhaus

    Ich bin ab und zu gern allein im Schulhaus. Weil ich das Praktikum in der Grossbuchhandlung gemacht habe, war heute mein erster Bürotag nach fast einem Monat. Nur die Mails hatte ich sporadisch gelesen und – sofern es ohne Bürohintergrund möglich war – beantwortet. Bref: Ich wusste nicht, wo anfangen und drehte deshalb noch eine Runde durch die Schulzimmer. Ein Entscheid, der mir für zwei Stunden alle weiteren abnahm. Ich habe:

  • ein Whiteboard geputzt
  • einen Whiteboardschwamm nachbestellt
  • eine Wandtafel geputzt
  • Kreiden nachgefüllt
  • Das Schwarze Brett aktualisiert
  • fehlende Drehregler (?) für die Öfen
  • und einen verstopften Wasserhahn gemeldet
  • alte Ausgaben von Fachzeitschriften aussortiert
  • Abonnemente annulliert und andere erneuert
  • runtergerissene Verlagsplakate ersetzt
  • runtergefallene Plakate von Lernenden neu aufgeklebt
  • herumflatternde Arbeiten von Lernenden in Mäppchen gelegt
  • Nachgeschaut, wann die Feuerlöscher letztmals geprüft worden sind
  • Danach ging es mir besser und ich konnte mich den Beigen stellen. (Wenn ich morgen so weiter mache, sehe ich für Montag Licht.)