Hospitation zum 2. (Teil 2)

Was lief in dieser Lektion Literatur- und Kulturkunde?
Eine sehr faire Aufteilung der Gruppenarbeiten ist MAKA gelungen. Sie hat die Bereiche vorgegeben, aber die Lernenden wählen lassen. Wenn zwei das Gleiche wollten, hat das Los entschieden.
Die Aufteilung fällt mir selber immer schwer, ich neige dazu, den Starken das Schwierige zu geben und den Schwächeren das Einfache. Deshalb trau ich mich noch nicht so richtig, Referate zeugniswirksam zu beurteilen. Aber das will ich wie gesagt lernen. (Und bei anderen Branchen-Lehrpersonen missionieren, aber sicher doch.)
Jede Gruppe hat ein „Handout“ erarbeitet, die Lernenden waren gut vorbereitet und hatten viel Material erhalten. Das „Handout“ wurde MAKA gemailt, damit sie Fehler korrigieren und kopieren konnte, weil sie nämlich nicht gerne Fehlerhaftes austeilt (ich auch nicht).
Es ging nun um die Präsentationen. Präsentieren ist nicht einfach, aber ganz klar eine Anforderung, die der Beruf an uns stellt. Buchhändlerinnen und Buchhändler präsentieren permanent: Bücher (im Verkauf), Autoren (bei Lesungen), Verleger (bei PR-Veranstaltungen), sich selber (an der Verkaufsfront und an den Buchmessen).
Zuerst wurden Familie und Freunde der Protagnoistin Rita dargestellt. In der zweiten Gruppe wurde der Kreis erweitert um die Arbeits- und Inellektuellenwelt. Zum Abschluss wurden Manfred und Rita einzeln sowie ihre Beziehung zueinander charakterisiert. MAKA hatte angekündigt, dass sie Ergänzungen machen würde, was sie auch tat. Doch vor allem um an Inhalte vorhergehender Lektionen zu erinnern und nicht etwa, um neue Richtungen einzuschlagen. (Das ist mir nämlich schon passiert, aber da waren die Lernenden so nett mich zurechtzuweisen.)
Die Lektion wurde zwei Minuten vor dem Läuten „bewusst abgeschlossen.“ (Genau, Punkt 13 nach Jürg Schüpbachs „Petits Riens“.)
Mein Feedback und meine Fragen notierte ich auf unserem schuleigenen ISO-Formular für den Unterrichtsbesuch.
[Ausblick: Ich werde morgen D.B. und seine angehenden Köche in Burgdorf besuchen, am 17. Januar noch einmal Lehrbegleitung MAKA und danach WEBA. Allerdings werden letztere und ich nicht gross Formulare ausfüllen, sondern uns gegenseitig von den Lernenden beurteilen lassen. Fragebogen haben wir schon gemacht. Link dazu ausnahmsweise nur im Tausch.]

Hospitation zum 2. (Teil 1)

Heute war ich eine Lektion bei meiner Lehrbegleiterin MAKA im Unterricht. Und alles, was ich mir von ihr versprochen hatte, hat sie gehalten. Sie ist Gymnasiallehrerin und unterrichtet Literatur- und Kulturkunde. Sie kann etwas, was ich noch überhaupt nicht kann, nämlich mündliche Leistungen beurteilen. Deshalb habe ich sie auch um Patenschaft gebeten.
Vorbereitung auf die Hospitation:
MAKA und ich hatten vorgängig mehrere Gespräche über den Unterrichtsstoff, die Einteilung des Semesters und den Wissensstand der Klasse des 1. Lehrjahres mit 19 Lernenden. Die Informationsziele waren mir aus dem Reglement vertraut und auch weil ich gerne die Lehrpläne der anderen lese.
Das Thema:

DDR- und Nachkriegsliteratur aus Deutschland am Beispiel von Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“.

Lernziel:

Allgemeinwissen über die deutsche Nachkriegsliteratur und die Kultur im geteilten Deutschland. Arbeit in Gruppen sowie das Sprechen vor der Klasse. Weil es das erste Mal war, noch ohne Benotung des Referats.

Meine Vorarbeit I:

Ich habe mich in die Klasse hineinversetzt und mir vorgestellt, wie sich ein solches Werk für Jugendliche mit Jahrgang 1983 bis 1988 liest. Denn das ist eine Generation, für die die rot eingefärbte Weltkarte wirklich nur noch „Science Fiction“ ist. Was könnte ich tun, um das nahbar zu machen? Ich hätte es wahrscheinlich mit kurzen Gruppenarbeiten zu aktuellen Tagebucheinträgen (weil das etwas ist, was diese angehenden Berufsleute am Lager haben) von Christa Wolf versucht und – als eine Art Rätsel – die Stellen markieren lassen, in der sie auf den enormen sozialistischen Druck auf die Intellektuellen anspielt. Dennoch konnte ich mir nicht vorstellen, wie man das als Ganzes vermitteln und sogar zu einer fairen Note kommen könnte.

Meine Vorarbeit II:

Ich habe recherchiert, marginal geclustert und fand nicht nur das Richtziel, sondern auch die didaktische Reduktion (sprich: die Lektüre) schwierig, weil einersteits ausufernd und andererseits sehr kompakt. Sicher, es ist nicht mein Fach, ich wusste darüber nicht mehr, als ich in der gleichen Schule selber gelernt hatte. (Aber ein wenig froh war ich doch, als mir MAKA heute gesagt hat, sie hätte das auch schon gerne in die Ecke geworfen.)

[Teil 2 folgt morgen.]

Müdigkeit

Unsere Frage aus der Praxis im letzten Kurs befasste sich unter anderem mit dem Thema Müdigkeit in der Schulstube. Folgende Tipps wurden gegeben:

Selbstkritik
kurze Pause
Standpauken
Paararbeiten
Traubenzucker
Fenster öffnen
Einzelgespräch
Ernährung thematisieren

Selbstkritik:
Man muss sich permanent hinterfragen, Blitzlicht hier und Standortbestimmung dort. Seit DIK1 mache ich das auch. Wenn die ganze Klasse schläft, komme ich dadurch immer weiter, dann habe ich eben die Häufigkeit des Methodenwechsels vernachlässigt oder für einmal 30 Minuen referiert, obwohl bei mir eigentlich 20 Minuten die Grenze des Frontalunterrichts sind. Zwischendurch bitten mich die Lernenden regelrecht darum. Ich habe mit einigen Kollegen gesprochen, die das Gleiche erzählen. Finde ich lustig.
Kurze Pause:
Werde ich einmal ausprobieren. (Ebenfalls geblieben ist mir Thereses spätere Bemerkung, man könne den Lernenden gut einmal zehn Minuten zur Selbstverwaltung geben – das werde ich bald machen und freue mich sehr darauf zu schauen, was dann passiert.)
Standpauke:
Lässt sich manchmal nicht vermeiden. Zum Beispiel wenn während einer filmischen Dokumentation geschlafen wird, die nicht länger als eine Lektion dauert. Sinnvoll ist die Standpauke in Form von Information über den Biorhythmus und das menschliche Schlafbedürfnis, aber manchmal mag ich einfach nur noch Standpauke ohne sinnvoll.
Paararbeiten:
Nützen bei mir nur bedingt. Oft akzepiteren die Partner einfach das Kopf auf den Tisch legen. Aber ich werde es wieder probieren.
Traubenzucker:
Ist eine ganz wunderbare Idee, die meine Schülerinnen und Schüler zum Glück auch selber schon hatten. Sie reichen oft Muntermacher herum und bieten mir auch an.
Fenster öffnen:
Mache ich regelmässig, wann immer es geht (meine Schulzimmer an der Effingerstrasse sind enorm laut). Aber Sauerstoff ist die halbe Miete.
Einzelgespräch:
Habe ich auch schon probiert, aber wohl falsch angefangen. Jedenfalls waren die Lernenden beleidigt und haben mich wissen lassen, dass die und die auch schlafen und warum ich denn mit denen nicht reden würde. Probiere ich wieder. Manchmal reicht mir auch einfach das Twixtel und ich sehe, man kann es drehen und wenden, der Schulweg ist zu lang. Meine Lernenden arbeiten zu Ladenöffnungszeiten, das heisst, wenn sie essen wollen und Aufgaben machen, sind sie – je nach Adresse – einfach zu spät im Bett. Der Schulweg ist etwas, was ich immer wieder an den Informationsabenden für die Ausbildungsbetriebe zu thematisieren versuche, aber die Sensibilisierung erweist sich als schwierig.
Ernährung thematisieren:
Da habe ich jetzt gerade in keiner meiner sechs Klassen Sorgen. Die Lernenden essen permanent und äusserst gesund. Reiswaffeln, Darvida, Früchte – und sie trinken viel Wasser. Ich erlaube mir jeweils darum zu bitten, während der Stunde selber nur zu trinken. Und das verstehen sie in aller Regel gut.

Terror-Cluster

Letzten Donnerstag bei Therese ging es um Klarheit. Klare Lehrperson hat klare Lernende. Zum Start in die „Didaktische Reduktion“ haben wir herausgefunden, dass wir uns ein Thema zuerst selber erschliessen müssen, bevor wir es reduzieren können. Unsere Aufgabe war zusammenzutragen, was uns zum Thema „Globaler Terrorismus“ einfiel. Dänu, Diana, Barbara und ich habe zuerst besprochen, was denn das sei und sind uns gut einig geworden. Entstanden ist bei uns ein Cluster, bei anderen Gruppen waren es Listen oder Mindmaps. Alle Guppen einander reinschreiben (Methode Kugellager). Voilà! Was wir gemacht haben ist rot, was die anderen hineingeschrieben haben, grün.
Diese Methode der Themenerschliessung sei bei den Jugendlichen beliebt, sagte Therese. Es könne allerdings auch sein, dass es in den Gruppen „ein Gstürm“ gebe oder dass jemand stinksauer werde wegen den Korrekturen, die die Jugendlichen viel öfter machten als wir Kurs-Leute. Wut über Korrekturen kann ich bestens nachvollziehen, nicht nur weil ich die hier in unserem Beispiel im ersten Moment blöd und klischiert fand.
Mir hat das gefallen. Ich könnte aus dem Gedankensturm hier viel herausnehmen, das exemplarisch, lebensnah und bedeutsam wäre, wenn ich einige Lektionen zum „Globalen Terror“ vorbereiten müsste. Aber ich könnte mir auch vorstellen, die Lernenden bei diesem Thema gleich von Anfang an einzubeziehen und sie Bücher dazu mitbringen zu lassen, die sie interessant finden. Dann würde ich auf diese Literatur aufbauen und sie wären auch eher bereit, etwas zu lesen. Denn wenn Lernziele messbar sein müssen, dann sind Bücher für ein so ausuferndes Thema, in dem man sich kaum auf Fakten einigen kann, eine gute Grundlage. Sonst bleibt dann nur die Frage übrig: „Wo fand der Anschlag auf das World Trade Center statt?“ Oder gibt es sogar da Verschwörungstheorien, die sagen, das World Trade Center hätte es gar nie gegeben? Oder es stünde noch?

ThinkPad Center

Dem Mann sein ThinkPad Center heute eröffnet. Alles ging glatt, das Kind hat sich vorbildlich benommen, Buffet war 1A, das Cabaret war ein überzeugender Konrapunkt und die Menschen von IBM waren nett und begeistert. Nach zwei Monaten Vorbereitung, einem exorbitanten Schlafmanko und vielen Stunden Lächeln, freue ich mich darauf, morgen ungekämmt im Trainer rumzuschlurfen und vielleicht wieder einmal Wäsche auf Vorrat zu waschen.

Ehemaligenkritik

„Was die Berufsschule betrifft, hatte Katia oft das Gefühl, dass sich das Lehrpersonal nicht richtig auf die Stunden vorbereitet hatte. Dies fände sie schade, da der Stoff an sich spannend und abwechslungsreich sei. Auch in Bern stellt die Buchhandelsklasse einen Teil der Berufsschule für KV- Lehrlinge dar und ist anscheinend immer noch das Waisenkind des Schulbetriebes.
Katia jedenfalls hat dies hinter sich und kann sich nun voll ihrem Metier widmen. […]“
Diese Meinung einer geschätzten und leistungsstarken Ehemaligen unserer Berufschule konnte ich soeben in der heutigen Ausgabe des Schweizer Buchhandels lesen. Was bleibt, als es zu nehmen? Ich wende mich zum Ausklang eines langen Arbeitstages lieber dem Luftballon zu, immerhin könnte er das Glück sein.

Pubertät

Vor zwanzig Jahren hatte ich mit dem Vater meines damaligen Freundes einen Riesenkrach. Er war und ist ein toller Mensch, 68er, Architekt beim Atelier5, er und seine Frau liessen uns viele Freiheiten. Trotzdem habe ich eines Tages dort die Türe geschmettert und das Haus (temporär) verlassen. Wir diskutierten, ob eine VitaminC-Tablette eine echte Orange ersetzten könnte. Es waren die 80er, Zaffaraya, Jute statt Plastik, Friedensbewegung, das ganze Programm. Ich habe verhement verteidigt, dass küstliche Vitamine natürliche nicht ersetzen könnten, er hingegen fand das eine Romantisierung. Der Auslöser für meinen Abgang war schliesslich, dass er gesagt hat: „wenn du älter bist, wirst du das anders sehen.“ Nun bin ich älter und esse auch Vitamintabletten und sehe es trotzdem nicht anders. Und die Langzeitstudien? Geben mir Recht. Ha!
Kommunikation in der Pubertät hat eine andere Dimension und hinterlässt Spuren. Daran versuche ich zu denken, wenn ich die Lernenden einfach nur noch schütteln möchte.

Hospitation zum 1.

Heute hat D.B. bei mir hospitiert. Er unterrichtet angehende Köche in Burgdorf.
Klasse: 3. Lehrjahr. 13 Lernende. Ich kenne die Lernenden lange, die Klasse ist klein. Also opitmale Voraussetzungen für guten Unterricht. Mal abwarten, ob es auch von aussen gelungen aussah.
Unterrichtsstoff: Thema IT-Sicherheit, Datenschutz und Diebstahl.
1. Lektion: Wiederholung und Vertiefung der Erkenntisse aus einem Referat in den letzten beiden Lektionen. Feedback zum Referat und zum Referenten. Dazu kam die ausführliche Beantwortung einer in den letzten Lektionen gestellten Frage: „Warum überhaupt Datenschutz? Was hat das mit mir zu tun?“ Unterlagen: Folien der Präsentation des Referenten, Stelle über das Recht auf Privatspähre aus der Bundesverfassung. Methode: Frontalunterricht, offene Diskussion und kleine Denkaufgabe als Einzelarbeit („was erwarten Sie als Kundin eines Arztes, Anwalts oder einer Buchhändlerin an Datenschutz?“).
2. Lektion: Diebstahl im Buchhandel. Lernziel: Sensibilisierung / Möglichkeiten, Diebstähle zu bemerken / Risiken zu erkennen / Massnahmen zu erarbieten. Unterlagen: Artikel zum Thema Diebstahl aus dem Börsenblatt , Methode: Gruppenarbeit mit Expertinnengruppen (Kurzvariante).
Gefallen hat mir auch unser Gespräch danach, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Etwas was uns beide belastet, sind Leute, die den Beruf nicht mögen, schon von Anfang an wissen, dass sie nie darauf arbeiten werden und das nur machen, weil sich gerade nichts anderes angeboten hat. Das hat der Koch öfter als die Buchhändlerin. Aber es schmerzt beide begeisterten Berufsleute und es ist manchmal schwierig, auf den Mund zu sitzen und nicht zu sagen: „Wenn Sie es so blöd finden, Fisch und 1000 andere Gerichte sowieso nicht mögen und eigentlich gar nicht gerne lesen: Voilà, hier ist die Tür.“ Dieser Frust für Branchen-Lehrpersonen ist eine Folge der Lehrstellenknappheit, die ich noch nie irgendwo erörtert gesehen habe. Jenu.
Sobald ich D.B.s Feedback habe, werde ich das hier publizieren.