Agenda in Farbe

Ich schaue auf eine bunte Woche zurück. Sonntagabends, wenn ich die neue plane, gucke ich meistens auch die vergangene Woche nochmal an – und die sah aus wie ein Patchworkdecke. Ich benutze im Outlook die Farbpalette, das hilft mir, die verschiedenen Kostenstellen im Griff zu behalten, für die ich dann auch wieder budgetieren muss.
Im Moment stecke ich arbeitsmässig in einer ereignisreichen und dynamischen Phase, wobei das ein wenig schöngeredet ist. Eigentlich ist es eher hektisch bis chaotisch, weil so viel Neues läuft. Aber ich mag ja Neues.
Letzte Woche hatten die Azubis noch schulfrei, nur die Sekretariate waren besetzt. Montags habe ich zwei Schaukästen geplant, das Material dafür zusammengestellt und sogar jemanden gefunden, der die Ausstellung fertig gestaltet hat, weil es mir vor dem nächsten Termin nicht mehr reichte. Ich hasse es, wenn ein neues Jahr anfängt und am Schuleingang immer noch das Alte ausgestellt ist.
Ich habe mich danach zwei Stunden mit einem neuen Beruf befasst, von dem ich sicher noch berichten werde. Es wartet in der Sache noch viel Arbeit auf unsere Schule, denn wir werden im August 2011 die ersten und einzigen sein, die dazu Berufsschulunterricht anbieten.
Am Nachmittag und bis in den Abend habe ich drei Budgets für 2012 zu machen versucht: Das für die Abteilung Buchhandel, das für die Abteilung Kundendialog und das für den Lehrgang Buchhändler/in mit Fachausweis (Meisterlehre). Diese Tätigkeit war weniger eine betriebswirtschaftliche denn eine hellseherische. Und so kritallkugelklar war ich immerhin gewesen, am Dienstag eine Fragestunde bei unserem Chefbuchhalter abzumachen.
Und wer noch nicht über diesem Schulaufsatz „was ich letzte Woche gemacht habe“ eingeschlafen ist, lese … „Agenda in Farbe“ weiterlesen

Beständig ist das leicht Verletzliche

Die Laubwolke
Beständig ist das leicht Verletzliche.
Lange hing die grüne Wolke über der Erde,
wohin ging sie?
Im neuen Frühling schwebt sie wieder an
und erfüllt ihren Ort
zwischen Grund und Höhe.
Vom Winde gesteuert,
vom Regen gedrängt,
vom Licht gehoben,
kehrt sie immer zurück
und bleibt so viele Jahre.
Jedesmal in den herbstlichen Lichtern
klagt’s aus ihr: ich sinke, warum ich?
Und lauter mit dem Sinn von Dichtern:
Es stürzt mich, ja, warum nicht mich?
Wird es dann Winter –
im Himmel kriecht gekrümmtes Gestäbe,
den einmal gewachsenen Abstand nicht ändernd,
eins des andern vielleicht nicht gewahr,
doch beisammen in gleicher Spreizung.
Zwischen Grund und Höhe,
von der Säge des Gärtners unzerrissen,
von der Axt des Fällers nicht getroffen,
bleibt das Gesetz: Beständig ist das leicht Verletzliche.
Oskar Loerke (1884 – 1941)
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Zettelkasten fürs Wahljahr (1)

(…) Einstweilen sitzt der Politik- und Informationskonsument im heimatlichen Sessel, begutachtet mit dem wählerischen Trotz eines verwöhnten Kindes die Angebote der Parteien und reagiert mit beleidigter Politikverdrossenheit, wenn seine persönliche Bedürfnispalette nicht abgedeckt wird. Ursprünglich war Demokratie als ein Verfahren gedacht, das es den Bürgern ermöglicht, sich in Interessengemeinschaften zu organisieren, um ihren Anliegen Ausdruck zu verleihen. Erwartet wurde, dass ein Mensch, der unzufrieden ist und sich für oder gegen etwas einsetzen will, das Ruder in die Hand nimmt. Dass er einer Partei beitritt, seinen Abgeordneten aufsucht, an einer Gewerkschaftssitzung teilnimmt, zur Demonstration geht, eine Bürgerinitiative gründer oder wenigstens einen wütenden Leserbrief schreibt. Menschen, die das tun, gibt es glücklicherweise immer noch. Viele andere aber erwarten von der Politik, dass sie „abgeholt“ und „mitgenommen“ werden. (…)

Juli Zeh in einem Vortrag im Wintersemester 2011/2011 im Rahmen der 24. Tübinger Poetik-Dozentur unter dem Titel „Aufgedrängte Bereicherung“. Heute in gekürzter Fassung in Der Bund.
Das ist der erste Beitrag zu meinem bloggischen Zettelkasten, den ich für das kommende Wahljahr anlege. Wir wählen 2011 in der Schweiz unsere Vertreterinnen und Vertreter ins Parlament.

Weihnachtsgruss

Ich bin in den letzten Tagen viel gereist und konnte deswegen so schön in einem Zug(e) lesen. In Basel und in Sarnen habe ich Buchhandlungen besucht, die neu mit der Ausbildung begonnen haben oder beginnen werden. Beides buchhändlerische Leckerbissen!
Nasobem, Basel
Dillier, Sarnen
Auf dem Weg habe ich mich natürlich nach weitern Buchhandlungen umgschaut, die auch ausbilden könnten und ein paar meiner fleissigen Azubis in grossen Geschäften besucht. Ich mache solche Visiten am allerliebsten in der Hochsaison, dann sehe ich die verschiedene Abläufe in den Buchhandlungen im Zeitraffer und lerne schnell, wie ein Laden funktioniert. Das ist für mich als Buchhändlerin, Buchhändlerinnen-Lehrerin und Leserin gleichermassen eine Wonne.
Jetzt aber Weihnachten!
Ignorieren Sie die ungelösten Konflikte in der Familie und auf der Welt, geniessen Sie ein paar analoge Tage mit lieben Leuten, feinem Essen und guten Büchern.

Jack Taylor: (m)eine Neuentdeckung

Der Dezember ist ein harter Monat. Scheiss auf die ganze Festvorbereitung. Wenn man allein ist, foppt sie einen an jeder Ecke. Man schlägt ein altes Buch auf und findet eine Liste von Freunden, denen man einst Karten geschickt hat. Jetzt sind sie alle tot oder verschwunden.
Selbst wenn man (noch) Adressaten hat, selber gesund und nicht besonders einsam ist, kann der Dezember einen hart ankommen. Die klirrende Kälte treibt die Kranken und Süchtigen in die Trams, die Warteräume, die öffentlichen Toiletten, in die Windfänge der Restaurants und Entrées der Schulhäuser und führt einem mehr gesellschaftliche Mängel vor Augen, als man ertragen möchte.
Der Fernseh ist mit Spielsachen für Kinder vollgestopft, die man nie hatte, und jetzt ist es ein bisschen spät dafür, ein bisschen sehr spät. Das Radio spielt Balladen, die einst mit Bedeutung oder gar Hoffnung befrachtet waren.
Aufrufe, sich um Bedürftige zu kümmern oder für sie zu spenden schwirren durch den Äther. Vorangegangen ist ein Jahr demokratischer Lieblosikeit, in dem Menschen mit ein wenig Geld auf Menschen mit wenig Geld gehetzt und Menschen mit dem meisten Geld hofiert wurden. Saisongerechtes Mitleid ist folgerichtig.
Es heisst, das ganze Ausmass der Einsamkeit erschliesse sich erst in der Küche, wenn man eine Einzelmahlzeit bereite. Alles nur Einzelstücke: eine Tasse, ein Besteck, ein Teller und höchstwahrscheinlich auch nur ein einziger lausiger Plan.
Das ist das Besondere der Jack-Taylor-Romane: Man braucht nicht reinzukommen. Man ist von Anfang an drin, kriegt mehr als genug Gelegenheit, sich Gedanken zu machen ums Dasein. Ich habe den zweiten Band zum Geburtstag erhalten, fühlte mich unerklärlicherweise angesprochen von diesem verkoksten, heimatlosen, lesenden Säufer, der widerwillig Fälle löst oder vermurkst. Habe dann den ersten Band sofort nach-gelesen und bin jetzt am dritten, aus dem auch die obige (kursiv geschriebene) Stelle stammt.
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Notiz in kollegialen Zeiten

Wir haben in der Schule meistens ein gutes Klima untereinander, in der Regel gelingt uns eine Kollegialität, die ihren Namen verdient, aber nicht permanent beim Namen genannt werden muss. Aber eben halt nicht immer. Deswegen sei hier und heute notiert, dass ich einige kollegial gesehen perfekten Schulwochen hinter mir habe, die letzten Freitag ein in jeder Hinsicht bekömmliches Weihnachtsessen mit über hundert Kolleginnen und Kollegen krönte. Heute war ich zusammen mit dem Mann privat bei einem Lehrerkollegen eingeladen und habe es erneut sehr genossen. Wir redeten ein wenig über die Schule, ein wenig über das Leben, ein wenig über das Essen und ein wenig über die Welt, schauten in die Nacht hinaus auf das beleuchtete Schloss und den schwarzen See, in dem sich die Weihnachtsdekoration des Berner Oberlandes spiegelte.
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Panta rhei

Seit gestern habe ich – beruflich – sechzig Karten zum Jahresende geschrieben. Und das richtig gern. Die heurige Jahresendkarte meines Arbeitgebers kam dem sehr nahe, was ich gemacht hätte, wenn ich selber hätte wählen können. Entstanden war sie aus einem Wettbewerb für alle Lernenden unserer Schule. Ich fand den ersten Preis von 700 Sfr zwar attraktiv, aber mit fünfzig Einsendungen hätte ich nicht gerechnet. Das ist ein schönes Ergebnis für eine kaufmännische Schule, in der diese Art Kreativität wahrlich ein Schattendasein fristet. Alle fünfzig Einsendungen bleiben noch bis Weihnachten ausgestellt, die drei besten wurden prämiert.
Aber ich schreibe grundsätzlich gerne Weihnachts- und Neujahrswünsche, weil ich dann einen guten Grund habe, mein Berufsjahr und die Menschen darin Revue passieren zu lassen. (Bei anderen Arbeitsstellen musste ich jeweils Jahresberichte schreiben. Erst kostete mich das Überwindung, heute fehlt es mir fast.) Ich klicke bei der Gelegenheit also mit Elan durch meine Agenda 2010, schaue, mit welchen amtlichen Stellen ich viel zu tun gehabt habe, wem ich besonders oft begegnet bin oder mit wem ich in einer Arbeitsgruppe oder Kommission war. Und ich sehe in meiner Weihnachtskarten-Datei, wem ich im Vorjahr geschrieben habe und kann daraus ableiteten, mit wem ich ein Jahr keinen Kontakt hatte. So ist das:
Alles fliesst.
Jahresendkarte WKS 2010

Ab(schied) in den Weihnachtsverkauf

Wir haben schulfreie Zeit, weil die Azubis seit dieser Woche voll in den Buchhandlungen arbeiten. Dort werden sie nämlich immer gebracht. Wenn das Geschäft schlecht läuft, sind in der Spitzenzeit zu wenig Leute angestellt und es gibt viel Putz- und Einpackarbeit, welche die Azubis verrichten. Und wenn der Laden gut läuft, braucht es in dieser Zeit erst recht jeden und jede.
In der letzen Stunde durften die Klassen des ersten Lehrjahres bei mir wünschen, was sie machen wollten. Sie haben – etwas ungläubig wie mir schien – gefragt, ob sie wirklich ganz frei wählen dürften? Da wurde ich selbst unsicher und dachte, sie würden wohl einfach länger Pause machen oder früher nach Hause gehen wollen. Ich lag jedoch völlig falsch! Die eine Klasse wünschte sich, das Geschenkpakete machen zu üben, die andere wollte…
… Weihnachtslieder singen! Beide Klassen brachten das Material von Einpackpapier bis Notenblätter selber mit. Ich musste fast nichts machen und es sind traumhafte Stunden geworden.
Päckli-Stunde BB1A_2010 Päckli-Stunde BB1A_2010
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