Volksschule I

Meine Haltung gegenüber Volksschullehrpersonen ist seit vielen Jahren, in denen ich in Integrationsprojekten mit ihnen zusammenarbeite, die:
Das ist ein harter Job, da gibt es nie Geld für Anschaffungen und schon gar keine brauchbare Elektronik, einen Klassensatz von Lesebüchern nach neuer Rechtschreibung müssen sich zwei Klassen teilen (jedenfalls hier im Quartier ist es genau so) , die Kopierkontingente sind strikter als strikt und die Elterngespräche ausbrennend und hauptsächlich von Kritik und Drohungen geprägt. Die klassen sind zu gross, die allgemeine Sparerei ist eine Zumutung, die Integration im besten Falle ein steter Tropfen.
Die Frage ist nur, weshalb mir diese Haltung gerade gegenüber der Lehrerin meines Sohnes gänzlich abhanden gekommen ist. In gerade nur drei Semestern. Es kann nämlich jeden Augenblick sein, dass mein Wohlwollen und mein Verständnis erschöpft sind. Und zwar gänzlich.
[Echt frustriert.]

Gemacht

gemacht:

  • Znüüni
  • Kind zur Schule ermutigt (und versagt)
  • Nerven (ziemlich) verloren
  • Tipps für Ausbildungsverantwortliche entworfen (i.A. Abteilungsleitung)
  • 3. Lehrjahr in meinem Fach auf eine Exkursion zu Huber&Lang begleitet
  • bei der Französischlehrerin entschuldigt, weil wir zu spät zurück waren
  • beim 2. Lehrjahr ebenfalls, weil ich zu spät zurück war
  • 1. Lektion unterrichtet: 2. Lehrjahr, Test
  • 2. Lektion unterrichtet: 2. Lehrjahr, Einkaufskriterien ermittelt in Gruppenarbeit
  • 3. Lektion unterrichtet: immer noch 2. Lehrjahr, Rückgabe Semesterarbeiten, Evaluation dessen
  • Kaffee und Sitzung mit dem Abteilungsleiter
  • Tagesanzeiger gekauft
  • Busfahrt und den gelesen
  • Kind aus Schule empfangen (ging besser)
  • Franzaufgaben (mit Kind)
  • Mails zu begreifen versucht
  • Mails beantwortet sofern obiges gelungen
  • noch vor:

  • Diesen Blogeintrag
  • Essen
  • Marketingarbeit für verschiedene
  • 14 Tests korrigieren
  • 5 Nachholtest kreieren
  • Bin ganz froh, heute nicht auch noch DIK-Kurs zu haben. Nächste Woche habe ich einen aktiven wie passiven Hospitations-Marathon, dann ist noch ein Besuch an der GIBBUL in Burgdorf geplant und dann ist der Praktikumsteil abgeschlossen. Aber die 10 dafür veranschlagten Stunden waren wohl ein Witz? Aber man soll ja nie von sich auf andere schliessen, vielleicht gibt es jemanden da draussen, der die Anforderungen in dieser Zeit bewältigt.
    So oder anders: Mir Daumen drücken wäre sehr nett.

    Spenden?

    Die UNO hat nur 74% des nötigen Geldes für Hilfe im Sudan, 53% für jene in den palästinensischen Gebieten, 37% für Haiti und nur 9% für Simbabwe oder 5% für die Philippinen. [Quelle: Swissinfo ]

    Die hie und da gehegten Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen.
    Aber mich irritieren einige Kommentare in der Presse. Zuerst hiess es da, jetzt können wir nichts als spenden. Dann, als die 100 Millionen der Glückskette zusammen waren, hiess es, das war ja ganz leicht, schliesslich ist es eine „politisch korrekte“ Katastrophe. Jetzt, da 140 Millionen zusammengekommen sind, wird gefragt, ob die Leute denn jegliche Verhältnismässigkeit verloren und keine Ahnung von Afrika hätten? „Tsunami“ scheint eine neue Masseinheit geworden zu sein. Für den Welthunger „täglich ein Tsunami“ (oder war es stündlich?), für die Toten im Kongo der letzten sechs Jahre, „das entspricht alle fünf Monate einem Tsunami“.
    Hunger ist oft ein Folgeproblem von Konflikten. Und es ist sehr viel schwieriger für Opfer von Konflikten zu spenden, als für Menschen in einer für jeden fassbaren Naturkatastrophe. Ich hätte mir gewünscht, (und wer weiss, vielleicht geht ja mein Wunsch noch in Erfüllung oder er ist schon von mir unbemerkt in Erfüllung gegangen,) dass jemand wirklich gut über die Hilfsbereitschaft als Markstein schreibt. Über den Eckpfeiler, der Solidarität in unserer globalen Gesellschaft werden sollte.
    Ich hätte mir gewünscht, dass jemand recherchiert, wie die multilaterale Zusammenarbeit es schwer hat, ihr Anliegen im Palament durchzubringen. Wie die bilaterale Zusammenarbeit gekürzt wird. Wie die langfristigen Konflikte aus den Medien verschwinden, weil niemand mehr Zeit und Geld für die Recherchen hat und der Platz in den meist gelesenen Medien muss sich auch nach der Lifestyle-Werbung richten.
    Wenn wir unsere Bereitschaft transformieren können, wenn wir dadurch ein ein besseres Verständnis für Nachhaltigkeit (Sustainability) bekommen, anstatt den Begriff lächerlich zu machen, weil er scheinbar überstrapaziert worden ist – das wäre ein Erfolg. Möge der weltweite Grundkurs in Seismografik und Tsunamiforschung überleiten in einen Grundkurs über Armut als Grundproblem, über ihre konfliktreichen Folgen und die Massenvernichtungswaffe Hunger, die aus und für Krieg gemacht ist.
    (Und was ist eigentlich mit Jean Ziegler? Ich war perplex, dass man ihn auch ausgezeichnet hat, das fand ich echt nett. Nachdem er Jahre als Schiessbudenfigur von Interview zu Interview gereicht worden ist. Als ein Leierkasten, der immer und überall über den Welthunger leiert und krakhaft Komplotte gegen die Armen wittert.)

    Hospitation zum 4. und 5.

    Kollegin WEBA und ich, die wir im gleichen Schulhaus arbeiten, haben je beieinander hospitiert. Und zwar im 3. Lehrjahr, bei den Lernenden, die wir beide unterrichten.
    WEBA unterrichtet das Fach „Bibliografieren“ [Seite 15 im Reglement], ich unterrichte das Fach BKV [Seite 17 und 18 im Reglement].
    Wir haben die Beurtilungen gemacht und ein Abschlussgespräch geführt, die Resultate waren erbauend wie lehrreich. Am besten hat mir WEBAs Zusammenfassung über meinen Umgang mit den Klassen gefallen: „Du hältst sie an einem langen Gängelband.“
    Ich bin mir allerdings bewusst, dass ein Abschlussjahrgang kein 1.Lehrjahr ist. Gegen Ende sind die Regeln und Ziele klarer und bewusster als zu Beginn. Man hat sich gegenseitig schätzen gelernt.
    Deswegen finden ja die nächsten Besuche meines Unterrichts im 1. Lehrjahr statt. Die Übungslektion übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, am 26. Januar von 17.30 Uhr bis 18.15 Uhr. (Genau, eine müde Klasse in der 10. Lektion des Tages.) In der WKS Bern, im Schulhaus 2, 5. Stock, Zimmer 2502.
    Aber zurück zur Hospitation von WEBA und mir. Wir wollten die Beurteilung nicht nur selber machen, sondern unseren Unterricht auch von den Lernenden beurteilen lassen. Dafür haben wir einen Fragebogen (nach Kramis-Aebischer und Fittkau-Garthe) erstellt, den die Hospitierende jeweils verteilt und ausgewertet hat. Die gegenseitige Auswertung hat das Dilemma „Ehrlich antworten und doch unterschreiben“ der Lernenden entschärft.
    Die Ergebnisse aus meinem Unterricht in Zahlen stelle ich gerne zur Verfügung. WEBAs Prosa dazu kommt dann in meine Lerndokumentation.

    genervt und gefreut

    Was folgt, ist Lehrerinnen-Alltag pur, es ist also weniger denn je zu erwarten, dass das für andere nachvollziehbar ist.
    Ich habe dieses Wochenende neben 14 Tests zum Thema „Sicherheitsaspekte im Buchhandel“ [vom Datenschutz über die IT-Sicherheit bis zum Diebstahl] auch ~30 Semesterarbeiten korrigiert. Thema: Verlagsportrait aus Sortimenterinnen-Sicht. [Notiz an mich: Frag, ob du eine veröffentlichen darfst.] Die Arbeiten waren bis auf wenigste Ausnahmen spannend zu lesen und weitaus umfassender als gefordert.
    Dabei hatte ich mich erst am Donnerstag noch wahnsinnig (im Wortsinn, ich fühlte mich Richtung Wahnsinn treiben) genervt. Weil acht nicht abgegeben hatten, weil zu viele Erklärungen zu Fehlendem kamen, weil dort ein Drucker und hier ein PC kaputt war und es für dieses und jenes nicht gereicht haben soll. In Folge des Nervens hab‘ ich ein Mailing an die Lernenden gemacht:

    Liebe Leute
    Ich schreibe dieses Mail an alle, obwohl es nicht alle betrifft. Einfach dass es ein- für allemal klar ist (falls ich es im August noch nicht ausdrücklich genug gesagt haben sollte).
    Fast alle haben die Verlagsarbeit abgegeben, das ist toll.
    Sechs Personen waren krank oder verhindert, bei einer habe ich die Arbeit trotzdem bekommen (es gäbe ja auch Kolleginnen und die Post), bei zwei bekomme ich sie morgen. Da ich jemandem eine Fristerstreckung bis Montag gegeben habe, weil die Person keinen PC zur Verfügung hatte und dazu noch krank war, akzeptiere ich das bei den übrigen auch. Was bis Montag am Mittag nicht in meinem Fach liegt, wird nicht korrigiert. Heisst leider: Arbeitsverweigerung und gibt eine „1“. (Ausnahme: Arztzeugnis/Todesfälle im Umfeld.)
    Die Bewertungskriterien haben Sie seit Monaten schriftlich, sie sind nicht verhandelbar, das gilt auch für das Begleitmaterial. Ich weiss, dass Sie viel zu tun hatten. Aber Sie hätten jeden Monat eine Seite recherchieren und schreiben können und es wäre immer noch ein Monat geblieben, um das Material zusammenzutrommeln, sofern man es nicht schon bei der Buchmesse hat schnappen können. Bedenken Sie bitte, dass ich meinen ganzen Unterricht so gestalte, dass ich mit dem Stoff durchkomme, ohne dass Sie (abgesehen von Testvorbereitung und dieser Semesterarbeit) je Hausaufgaben zu machen brauchen.
    Die Handhabung ist somit klar und transparent. Ich bin in manchen Bereichen sehr wohl bereit, individuell zu reagieren, ich bin auch immer da zum Mailen oder Reden. Aber ich kann und will nicht die Lernenden benachteiligen, die termingerecht abgegeben haben und die sich aktiv bemühen, wenn sie einmal fehlen. Und das täte ich, würde ich mich nicht an die Vorgaben halten.
    So, das war die Predigt. Die Hälfte Ihrer Lehre ist jetzt um und ich freue mich auf die zweite Hälfte. Ich hoffe, Sie auch!
    Freundliche Grüsse

    Logisch, dass das einige Lernenden ihrerseits genervt oder aber aufgeschreckt hat, logisch, dass einige gemotzt haben. Aber ein Reply auf dieses Mail hat mich dann doch völlig unerwartet getroffen:

    Liebe Frau M
    Wow, das hat mich beeindruckt! Ich muss zugeben, das hätte ich nicht erwartet, echt stark.
    Sie sind einfach Klasse.
    Liabi Grüassli

    Wiki-Märchen

    Es war einmal eine Buchhändlerin, die hat ein Fach unterrichtet, das sich „Neuerscheinungen“ nannte. Vor der Frankfurter Buchmesse 2003 hat sie den Lernenden vom Grosseinkauf von Lexikas auf Weihnachten hin abgeraten. Hui, das war ein Surren und Knurren und Zicken und Kicken! Niemlas, Frau Lehrerin, wird irgendwas auf dieser Welt die schönen, gut riechenden, wunderbar gemachten Bände ersetzten, niemals werden die Menschen die überragenden Vorteile eines Taschenlexikons vergessen. Niemals wird diese merkwürdige Internet-Community die Seriosität einer Enzbrit oder eines Brockhaus auch nur annährend erreichen. Und triumphierend sind sie nach dem Weihnachtsgeschäft zurückgekehrt mit guten Lexika-Umsätzen.
    Und so begab es sich, dass die Lehrerin das Thema mied. Ein Jahr später stand in keiner der Buchhandlungen, die die Lehrerin zu Weihnachten besucht hat, ein allgemeines Lexikon in der Auslage, keine einzige Werbeaktion von keinem Verlag wurde geschaltet, keine Neuauflage der Taschenlexika gemacht. Ein vorwitziger Geist hat sich vom Geiste aller etwas geholt und aufgeholt.
    Doch anstatt ebenso vorwitzig und geistreich zu sein und neue, verrückte Dinge zu wagen, schwiegen alle. Der Wiki-Geist wurde nie zum Thema und so leben sie noch heute. Wenn sie nicht gestorben sind natürlich.

    Königstag

    Immerhin sie wissen den Weg
    Ich räume die Krippe mit den alten Bullyland-Figuren ab, wische die Sterne zusammen. Inzwischen gibt es neue Figuren, die Krippe ist vergriffen. Weil nicht jeder König ein Kamel hatte, haben wir noch zwei hölzerne im Brockenhaus erworben, sie hatten dort auf uns gewartet.
    Und morgen werden die Männer mit Kran kommen und die grosse Tanne, auf die ich aus dem 12. Stock hinunterblicke, von den Lichtern befreien. Der Schulhausabwart wird die berühmten Bethlehemer Weihnachtslaternen, die hier Alt und Jung im Wettbewerb machen, von den Strassenlaternen ablösen und vorsichtig eilagern.
    Und den Kindern, die sich fast nicht trennen können von der besonderen Zeit und ihren Zeichen, werde ich erzählen, die drei Könige hätten alles abgeholt. Und sie werden wissen, dass das nicht stimmt und es trotzdem glauben. Fast wie ich.

    Wissen rettet

    Tilly Smith gibt es wirklich. Sie hat einen Strandabschnitt evakuiert, und damit erst noch meine grossen Zweifel ein wenig verkleinert. Und ihren Geografielehrer hat sie auch verdankt. Der hat allen Grund, stolz zu sein.

    Girl’s sea warning saved a hundred
    A GIRL aged ten saved a hundred fellow tourists from the tsunami
    because of a geography lesson about the giant waves. Tilly Smith urged
    her family to get off Maikhao beach in Thailand after seeing the tide
    rush out and boats on the horizon begin to bob violently.
    The youngster, recalling a recent school project on quakes, turned to
    her mother Penny and said: „Mummy, we must get off the beach now. I
    think there is going to be a tsunami.“ Penny and her husband Colin
    alerted others and they cleared the Phuket beach just in time. It was
    one of the few beaches where no one has been reported killed or
    seriously injured.
    Last night Tilly, from Oxshott, Surrey, told The Sun that credit for
    her quick-thinking should go to Andrew Kearney, her geography teacher
    at Danes Hill Preparatory School.

    [Quelle]

    Und dieses Projekt wurde rasch realisiert. Eine ausgezeichnete Website. Ich sage ja, die UNO macht gute Arbeit, war peinlich genug, so lang nicht Mitglied zu sein. (Through TR, thank you.)

    1. Weihnachtsgeschäft (2004)

    Erste Weihnachten im Buchgeschäft. Das sind tausend Geschichten, Anekdoten wie Missgeschicke, viele schöne und unschöne Erlebnisse mit Menschen aller Art. „Geteiltes Leid“ und „doppelte Freud“ gilt auch hier. Und darum ist es wichtig, die Eindrücke der Lernenden einzuholen, solange sie noch frisch sind, selbst wenn es im Lehrplan nicht vorgesehen ist. Wir werden bis zum Semesterende jeden Anfang der Stunde fünf Minuten ein Erlebnis herausgreifen und diskutieren.
    Ich habe einfach Karten ausgeteilt, eine Seite sollte positiv und eine negativ besetzt werden, anonym. Ich habe die Resultate zusammengefasst, damit ich allen eine Diskussionsgrundlage geben kann.
    Ergebnisse 1. Lehrjahr A 2004
    Ergebnisse 1. Lehrjahr B 2004