Zurück zu Weihnachten

Mir ist schleierhaft, wie Weihnachtsgeschenke ein Problem darstellen oder sogar gehasst werden können. Sie schaffen Umsätze und Arbeitsplätze. Ein Weihnachtsbaum ohne Geschenke darunter ist weniger schön als einer mit Päckli unter Tannengrün. Zudem ist Schenken eine edle Tätigkeit, denn Geben ist seliger. Wirtschaftliche, ästhetische und moralische Gründe sprechen also für das gute alte Weihnachtsgeschenk. Ebenso Praktische.
Mit dem, was ich zu Weihanchten bekommen habe, lebt es sich viel leichter in nass-grauer Zeit. Soeben habe ich das letzte Fläschchen der „Les Bains“ von meinem Schwager aufgebraucht und regelmässig entspanne ich im (in meinem Geburtsjahr kreierten) Cleopatra-Bad von einer lieben Freundin. Der trockenen Haut begegne ich erfolgreich mit der Avène Emulsion corporelle von meiner Schwester, die Zitronen-Handcrème fürs Büro habe ich nur dank weihnachtlicher Aufmerksamkeit einer Kollegin. Schlafen kann ich seit dem Christfest in neuer, blütenweisser Satinbettwäsche von meiner Mutter.
Und erst die Bücher! Jeden Morgen lese ich in Kurt Martis Notizen (ebenfalls von meiner Mutter). Jo Sacco zeichnet uns erschreckende Seiten von Palästina und Bosnien (Geschenk eines Freundes an den Mann), dafür amüsieren uns die Panini Bilder aus der Sammlung 1970 bis 2010 (von seinem Patenonkel an das Kind) immer wieder köstlich.
Wir essen Pasta di Semola di Grano Duro und würzen sie mit Trüffelöl oder geben Spaghettosa salsa al pomodri secchi dazu. Für kalte Tage haben wir Dörrbohen und Apfelringe, Chai und Tandoori im Vorrat. Wir waschen mit selbstgehäkelten Waschlappen ab und trocknen unsere Hände an bunt bemalten Handtüchern.
Also bitte: Nichts gegen Weihnachtsgeschenke.

Updates im Web und Leben

Bei mir liegen, stecken und kleben überall – auf Tischen, in Büchern, in meiner Hand- und Manteltasche – Zettel mit Notizen davon, was ich alles bloggen möchte. Ich habe bei den ganzen adminstrativen Herausforderungen langsam das Gefühl, meine kreative Seite verkümmere. Allerdings muss ja auch alles Administrative irgendwie so kreiert werden, dass man es kommunizieren kann. Ich habe beispielsweise zwei Subsites auf unserer Schulwebsite soweit fertig, dass sie einigermassen vorzeigbar sind, die mir einiges an Kreativität abverlangt haben, auch wenn man das wohl nicht sieht:

  • Die neue Weiterbildung Fachausweis Buchhandel („Meisterlehre“)
  • Es ist schwierig, diesen Schritt zur höheren Berufsbildung „alten Hasen“ schmackhaft zu machen. Aber ich freue mich sehr, dass reges Interesse bei den jungen Buchhändlerinnen und Buchhändlern besteht, ich schon entsprechende Beratungsgespräche führen konnte und sich einige sogar nach Details im Lehrplan fragten. Es braucht nun etwas Anlaufzeit, bis diese über die nötige Berufserfahrung verfügen.

  • Die neue Grundbildung Fachfrau/-mann Kundendialog
  • Da bin ich per 1. Januar 2011 zur Abteilungsleiterin befördert worden. Ich weiss aber nicht, ob das der richtige Ausdruck für eine Abteilungsleitung mehr ist?
    Aber so geht das immer in meinem Leben als Berufsfrau ohne Hochschulabschluss: Ein Schritt vorwärts, zwei zur Seite. Und das ist gut so.

    Junges Frauenstimmrecht

    Sophie Kuhn im MM 6, 7 2011

    Sophia Kuhn (19), lernende Buchhändlerin: „Abstimmen zu können bedeutet viel. Aber wir müssen für die Lohngleichheit weiterkämpfen oder dafür, dass wir Kind und Karriere besser vereinen können.“
    Genau! Wie schön, wenn einem die eigene Schülerin so in der Presse begegnet. Wir haben pfiffige Lernende, 85% von ihnen sind Frauen. Die meisten werden in ihrer Lehrzeit mündig und stimmen dann zum ersten Mal ab.
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    Zum Semesterende: Sortimentstiefe

    Im dritten Lehrjahr halten die Azubis bei uns Fachreferate über Buchhandlungen, die sich auf ein Thema spezialisiert haben. Wir unterscheiden

  • die Fachbuchhandlung/wissenschaftliche Buchhandlung
  • die Spezialbuchhandlung
  • die Tendenzbuchhandlung
  • vom sog. allgemeinen Sortiment. Alle drei Arten Buchhandlungen brauchen gut geschultes Personal, das auch aussergewöhnliche Recherchiermöglichkeiten kennt und es versteht, ein tiefes Sortiment und seine Fachkundschaft gut zu betreuen. Sortimentstiefe bedeutet, viel Verschiedenes zum gleichen Thema am Lager zu haben und anspruchsvolle Kundenwünsche zu erfüllen. Fachbuchhandlungen und wissenschaftlichen Buchhandlungen verkaufen Bücher und Medien in den Bereichen, die an Universitäten oder Fachhochschule gelehrt werden. Spezialbuchhandlungen haben besonders viel zu einem eher populären Bereich wie z.B. Reisen, Comics, Esoterik oder Kinderbücher. Tendenzbuchhandlungen haben auch einen Schwerpunkt, aber wenn man diesen wegdenkt, bleibt immer noch ein kleines, meist allgemeines Sortiment übrig. Das Ziel der Fachreferate ist, dass die angehenden Buchhändlerinnen Sortimentstiefe am Beispiel erklären lernen und sich selber ein wenig in ein Fach- oder Sachgebiet einarbeiten. In ihrer Wahl sind sie frei. Sie müssen nur darauf achten, einen Laden auszuwählen, mit dessen Präsentation sie die Aufgabenstellung erfüllen können.
    Im letzten halben Jahr habe ich Referate gehört über:
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    Stehpulttransfer

    Das war ein gutes Wochenende, zum einen, weil mir Multitasking nicht schwerfiel. Ich wusch parallel zur Wäsche feine Gläser ab, ich füllte den Toilettenbedarf auf und trug Ausgeschaubtes ins Brockenhaus, ich machte Einladungen und beantwortete online und offline Post, ich kooridinierte die Februar-Termine der Sippschaft und erledigte lange liegen gebliebene Updates zweier Websites. Zum anderen korrigierte ich viel – der Zeugnisschluss steht kurz bevor. Aber nicht wie sonst zwischen unerledigtem Haushaltskram und offenen Familienfragen, sondern in der Schule. Ich nahm mein Korrekturpult unter den Arm und ins Büro (über das ich als Abteilungsleiterin verfüge) und war wesentlich schneller – weil die Schule geschlossen war und multitasken gar nicht ging. Wie konnte ich nur so blöd sein, das nicht längst so zu machen?

    Stehpulttransfer

    Zettelkasten fürs Wahljahr (2)

    Wir brauchen die Solidarität der Aufgeklärten. Unsere Antwort auf den Islam kann nicht die Rückbesinnung auf den christlichen Glauben sein (…). Unsere Antwort finden wir bei den grossen Aufklärern Lessing und Mendelssohn, bei Wilhelm von Humboldt und Rahel Varnhagen. Wir brauchen die Solidarität und Freundschaft aller, die für ein freiheitliches, säkulares Europa streiten, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Glauben. Unser Beistand gild denen, die um eine Freiheit kämpfen müsse, die zu den Selbstverständlichkeiten unseres Lebens gehört und die wir zu verteidigen haben.

    Monika Maron in ihrem Essay „Das Licht des Wissens“ im SPIEGEL 4/2011 vom 24. Januar 2011.

    Workshops, workshops 2

    Ich wollte noch etwas über den Sinn von Workshops schreiben (der Unsinn ergibt sich ja von allein). Worksohps sind sinnvoll, wenn es um neue Projekte geht. Dann, wenn mehrere gleichzeitig eine neue Rolle erfüllen müssen, was in unserem Schulbetrieb häufig der Fall ist. Im Gegensatz zu anderen Schulen haben wir es jährlich mit neuen Lektionentafeln zu tun, weil Berufsbilder geändert oder ganz neue Berufe entwickelt werden. Eine Lektionentafel soweit aufzudröseln, dass der Stundenplaner etwas damit anfangen kann, bedarf meiner Erfahrung nach ungefähr hundert Mannstunden. Davon muss die Hälfte in Workshops geleistet werden, damit die Branchenvertreter (also die „Erfinder“ eines Berufes) und die Vertreter der Berufsfachschule sich abstimmen und sich deren Entscheidungen nicht gegenseitig behindern.
    Ich mache ein Beispiel: Die Lektionentafel des neuen Berufes Fachfrau/Fachmann Kundendialog soll in der Berufsfachschule getreu der Verordnung, auf die sich Branche und entsprechendes Bundesamt geeinigt haben, umgesetzt werden. Auf der ersten Zeile dieser Lektionentafel ist zu sehen, dass die Schule zwanzig Lektionen pro Jahr Zeit bekommt, eine Handlungskompetenz mit der Bezeichnung „Arbeitsorganisation und Zusammenarbeit ausgestalten“ zu vermitteln. Was tun? 20 Lektionen bedeuten eine halbe Wochenlektion, ganz genau 22.5 Minuten. Das geht weder für Lernende, noch für Lehrer noch für die Raumzuteiler auf. Wir Schulvertreterinnen überlegen also, ob wir diese Kompetenz in einem einzigen Fach im ersten Lehrjahr zusammenziehen könnten, was aber Branchenvertreterinnen ablehnen, denn sie hatten schliesslich Grund, den Erwerb von „Arbeitsorganisation und Zusammenarbeit“ auf die ganze Lehre zu verteilen. Also diskutieren wir einen Blockkurs. Zwei Blocktage à 10 Lektionen sind lang und für die zwanzig Lektiönchen einen dritten Blocktag einzuschieben scheint ein grosses Opfer an Zeit und Geld. Trotzdem fällen wir den provisorischen Entscheid, die AO und ZA (eher Not als Dünkel führt zu Abkürzungen) in einem Block unterzubringen. Ich beginne also mit einer Exceltabelle, in der regelmässige Schullektionen von Block-Schullektionen getrennt werden, ohne dass die Gesamtlektionenzahl überschritten werden kann. Da es logistisch nicht möglich ist, bereits angestellte und in anderen Berufen unterrichtende Lehrpersonen für Blocktage zu reservieren, entsteht neuer Personalbedarf. Wo suchen, bis wann anstellen, was sind die Kriterien? Zu viel, zu schnell, zu weit abgeschweift. Die Moderation verschiebt das Thema auf den nächsten Workshop.
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    Pegasus 102: Schulbesuch

    Im soeben produzierten Pegasus 102 geht es um Besuche in der Schule und auch darum zu zeigen, wie unkompliziert das ablaufen kann, wenn es eine Gewohnheit ist. Ich habe auch etwas Persönliches über meine Unterrichtsbesuche bei den Kolleginnen und Kollegen geschrieben (ab S. 8). Auf dem Papier sind solche Recht und Pflicht der Abteilungsleiterin, aber in Tat und Wahrheit mache ich es einfach gern und kreige auch selber gern Visite. Und manchmal nehmen mich die Klassen und ihre Lehrer mit ins Theater oder auf eine Schulreise.

    Schulreise mit der A1B