Lernaktivitäten und -prozesse

Lernpsychologisch werden Lernaktivitäten und Lernprozesse unterschieden, haben WEBA und ich (einen Artikel) zusammengefassend festgestellt und auf die vorgesehene Karteikarte notiert. (Unschön, ich weiss. Man berücksichtige bitte die fortgeschrittene Stunde sowie den Biorhythmus.)
Karteikarte zum Artikel «Lernaktivitäen, Lernsituation, Lernparadigmen»
Wichtig ist, dass wir selber erleben, was wir unseren Lernenden „zumuten“. Für mich ist das zentral, aus pädagogischen und praktischen Gründen, aber auch weil es eine Basis ist für natürliche Autorität, ich will wissen, was ich verlange. Ich merke meistens schnell, wenn ich etwas falsch kopiert habe, ich erkenne Unlogisches, weil ich die Tests selber auch schreibe, die Buchrezensionen auch lese und die Gedächtnisübungen entweder schon ausprobiert habe oder auch mitmache.
Ich habe meinen eigenen inneren Lernprozess noch nie genauer verfolgt. Aber mit Steffi Baumanns nervigem Logical zum Start bin ich ein richtiger Fan davon geworden und bin schon ganz zweigeteilt vor lauter Beobachtung meiner selbst.
Den Begriff „Logical“ habe ich nicht gekannt, es gibt ganz viele, für alle Stufen und auch für Erwachsene. Sie erscheinen z.B. in den kantonalen Lehrmittelverlagen und oft auch zusammen mit anderen originellen Denkaufgaben. Online habe ich die beste Auswahl bei den österreichischen Rätselcracks Janko gefunden.

biologisch wie psychologisch

Durch Austausch, Übungen, Selbstversuche und Artikel habe ich seit letztem Donnerstag ziemlich viel Neues über die biologischen und psychologischen Grundlagen des Lernens erfahren, kann es mir merken und will es anwenden. Mal sehen.
Bleibenden Eindruck hinterlassen natürlich Selbstversuche:
Biorhythmus: Das Gedächtnis funktioniert nicht immer gleich (gut). Habe ich ausprobiert, indem ich eine Übung zu verschiedenen Tageszeiten wiederholt habe. Sich zehn gesprochene deutsche Nomen merken, sich zehn geschriebene deutsche Nomen merken, sich zehn visualisierte deutsche Nomen merken. Und zwar über eine Minute nach Aufzählung und teils mit Ablenkung (Rechnungen, Schwatzen).
Es gibt verschiedene Lerntypen, nicht alle sprechen auf alle Eingangskanäle gleich gut an. Aber die meisten können sich Visualisiertes besser merken. Ich selber hatte im obigen Versuch identische Erfolgsquoten, egal ob ich die zehn Wörter gehört, gelesen oder als Symbol gesehen hatte, ich konnte mir gleich viele Wörter merken.
Kurzzeitgedächtnis: Widersprüchliche Daten behindern das Verständnis auf der ersten Stufe. Jetzt habe ich endlich die Erklärung dafür, warum Lernende keine unterschiedlichen Lösungswege aufgezeigt kriegen wollen. Das ist von den Nachhilfestunden, die ich Erstklässlern gebe, bis zu den Lehrlingen genau gleich. Sehr interessant.
Versuch (1:1 aus dem Kurs übernommen) mit Mann und Viertklässler-Kind um 20:30 Uhr:

„Ich sage euch jetzt 10 Wörter und wir gucken, wie viele ihr euch merken könnt. Nach den Wörtern sage ich euch noch eine kurze Kettenrechnung, danach bleiben wir eine halbe Minute ruhig und dann schreibt ihr auf, was ihr (noch) wisst. Let’s go:
Fuss, Strumpf, Leiter, Uniform, Teufel, Bierglas, Krone, Fensterladen, Nadel, Deich.
Rechung: 22 x 5 = ? / davon 1/5 = ? / verdopple = ?“
… 1/2 Minute warten,
„… aufschreiben.“

Ergebnis: Beide hatten richtig gerechnet, der Mann konnte sich neun Wörter merken, das Kind sechs. Der Mann hat Geschichten gemacht und möglichst viele Wörter darin untergebracht („der Tschugger in Uniform trinkt in der Krone aus dem Bierglas“ u.s.w.), das Kind hat die Wörter nach „Takt“ (also Silbenanzahl) geordnet und sie so oft wie möglich wiederholt. Allerdings hat das Kind während des Versuchs ständig geredet „Teich oder Deich? “ und „soll ich die ganze Rechnung aufschreiben?“ und „wie viele Wörter hat der Bap schon?“. Der Teufel ist dem Mann entgangen, beim Kind stand er zuerst auf der Liste.
Die Vorgänge, Bedingungen und Schlussfolgerungen ausgezeichnet beschrieben hat Wolfgang Pohl, auch wenn mir als Pedantin ein paar Quellen fehlen.

MSN Search

Die Arbeit online bringt neben viel Motivation, Amüsement und Lernzuwachs auch Schwierigkeiten: Nackenstarre, Migräne, Mausarm, Chaos in Zeitmanagement, Kommunikations- und Surf-Sucht. Für mich sind Neuigkeiten im Bereich Suchmaschinen die grösse Gefahr. Zum Beispiel heute fallen mir allpott neue Proben ein, auf die ich MSN Search unbedingt stellen muss. Laut Frank Patalong ist der offene Betatest von Microsoft sowie die Bitte um Mithilfe der User ein Novum. Schon wieder ein Wunder.

Davy Sidjanski

Vor zwei Tagen ist Davy Sidjanski gestorben. Den Verlag seiner Eltern hat er verkaufen müssen, geblieben ist sein gebrochenes Herz.
Kinderbuchverlage sind Kinder. Dass man sie überlebt, ist nicht vorgesehen.
Liebe Nord-Süd Leute, die ihr jetzt NordSüd-Leute in den Händen einer Investorengruppe seid: Es tut mir Leid. Alles. Für euch, für mich, für die Kinder-Welt, für die Verlags-Schweiz.

Blog-Pädagogik

Kind: Maaaaam?
Mam: Ja?
Kind: Ich habe Jüng bei der Wörterkiste geholfen.
Mam: Super. War ihr nachher alles klar?
Kind: Ja, aber dass man nicht gut, güter am gütesten sagen kann ist im Deutsch doof. Man muss es einfach auswendig aufsagen.
Man: Was denn?
Kind: Gut, besser, am besten, dänk. Bis man es kann.
Kind: Ich will Lehrer werden. Vielleicht.
Mam: Ist doch gut. Deine Tante wird sich freuen, sie möchte keine Paläontologen-Neffen.
Kind: Welches ist der beste Lehrer?
Mam: Wie meinst du das?
Kind: Der unten im Kindergarten oder der in der normalen Schule oder in der Kleinklasse oder der im Gymnasium?
Mam [beleidigt]: Also solche wie mich gibts auch noch. Die an der Berufsschule.
Kind [ungeduldig]: Ja, aber eben, welcher ist der Beste?
Mam: Keine Ahnung. Egal welchen du dir vorstellst, wenn du vor der Klasse stehst, wirst du überrascht sein.
Kind: Haben alle gleich viel zu tun?
Mam: Ja, gute Lehrerinnen und Lehrer haben immer viel zu tun. Aber schlechte können sich leichter durchschummeln als schlechte Kranführer oder Bus-Chauffeusen.

Pädagogik gehört wie Essen, Trinken, Exzesse, Neuanschaffungen und Depressionen ins Weblog: Diktatresultate , vergessene Schularbeiten , Söhne, die der Mutter kein Geld ausleihen, väterliche Mathe-Klausur-Stimmung oder einfach nur Ferienkommunikation.

Benjamin S. Bloom

Die Taxonomiestufen (oder K-Stufen) hat ein gewisser Benjamin Samuel Bloom entwickelt. Das ist schon länger her, als ich zuerst aufgrund Blooms lieferbaren Publikationen angenommen habe. Das Interessante ist, dass Bloom bei seinen Befragungen herausfand, dass ausgerechnet die universitäre Art Wissen zu vermitteln, nur die Basisstufe ansprach. Und so kam vor fünfzig Jahren der Stein ins rollen, der nun möglichst vielen Lehrpersonen im Kanton in verschiedensten Weiterbildungen in den Garten geworfen wird.
Wiederholung:
1. Stufe (K1): Wissen, Kenntnis (Tatsachen, Begriffe wiedergeben, auswendig lernen, wiedererkennen)
2. Stufe (K2): Versehen (erklären, begründen, mit eigenen Worten umschreiben)
3. Stufe (K3): Anwenden (Kenttnisse und Formeln anwenden)
4. Stufe (K4): Analyse (eine reale Situation in ihre Elemente zerlegen)
5. Stufe (K5): Weiterdenken und Synthese (Sachverhalte verknüpfen, Neues konstruieren)
6. Stufe (K6): Urteil fällen, Bewertung, Evaluation (anhand von Kriterien bewerten und kontrollieren)
Wenn diese Stufen verteilt (nach individuellen Möglichkeiten sowie als Abwechslung) im Unterricht vorkommen, gelingt es auch, alle drei Lernzielaspekte einzubeziehen:
1. kognitive,
2. psychomotorische und
3. affektive Ziele.

Unter 1. verstehen wir Lernziele, die sich auf Denken, Wissen, Problemlösung und intellektuelle Fertigkeiten beziehen.
Unter 2. verstehen wir Lernziele, die sich auf manipulative oder motorische Fertigkeiten beziehen.
Unter 3. verstehen wir Lernziele, die sich auf Einstellungen, Werthaltungen oder Veränderungen beziehen.
Es gibt auch Literatur, in der man die Bloomsche Methode nur für die Erreichung kognitiver Lernziele als geeignet betrachtet, zum Beispiel Marco Thomas von der Uni Potsdam.

Kopien

Von Januar bis Juni 2004 haben wir Lehrpersonen von der WKS 2’550’000 Kopien gemacht, das waren 570 Exemplare pro Tag. Hinkarren musste man dafür 25 Palette mit 12.5 Tonnen Ladung. Und gekostet hat die Kopiererei alles in allem 79’000.00 CHF.
Ich finde das ein wichtiges Thema für Lehrende. Und weil es kopiertechnisch und urheberrechtlich angebracht ist, wünschte ich mir mehr Gedanken an all das, bevor wir wild entschlossen Bücher auf Glasscheiben pressen, dass sie nur so auseinanderbersten. Aua.
[Es ist unklug über PISA zu klagen, aber Lernende niemals in eine Buchhandlung zu schicken, um ein Buch zu erwerben. Buch und Lernen sind eine Einheit.]